Dieses Verhalten der US-Administration erstaunt einigermaßen, tritt doch Ignacio da Silva ("Lula") wieder zur Wahl am 2. Oktober an. Und immerhin haben sich seine Arbeiterpartei (PT) und die Grünen mit der Kommunistischen Partei zu einem Wahlbündnis, der "Federação Brasil da Esperança" (Brasiliens Verband der Hoffnung, FE Brasil) zusammengeschlossen. Mit Geraldo Alckmin, dem Ex-Gouverneur von São Paulo, holt sich Lula allerdings auch einen Neoliberalen ins Boot (alle amerika21) der übrigens zu den Wahlen 2006 gegen Lula angetreten war.
War Bolsonaros Amtsführung denn dermaßen desaströs für Washington, dass die USA es lieber mit den sonst so verpönten Linken probieren möchten?
Eher nicht. Zwar hat sogar der CIA-Direktor William Burns höchstpersönlich Bolsenaro aufgefordert, "das Vertrauen in das brasilianische Wahlsystem nicht zu untergraben" als jener die Einmischung zu thematisieren wagte. Derartige Einlassungen sind aus Washington allerdings nicht zum ersten Mal zu vernehmen seit Joe Biden dort regiert.
Entscheidender als seine Amtsführung dürfte die Nähe Bolsonaros zum Gottseibeiuns der us-amerikanischen Politik (Donald Trump) sein (Neues Deutschland). Deshalb kann es der Biden-Administration keinesfalls Recht sein, wenn der evangelikale Rechtsausleger wenige Wochen vor den US-Zwischenwahlen im Amt bestätigt und sich dann für Trump stark machen würde. Das Fass zum Überlaufen gebracht hat der brasilianische Präsident wahrscheinlich, als er kurz vor Beginn des zweiten Ukraine-Krieges noch nach Moskau gefahren ist.
Wir dürfen also erwarten, dass dieses Mal auch im Medien-Mainstream hierzulande bald eine Pro-Lula-Berichterstattung einsetzen wird, die frühere und aktuelle kritische Töne überlagern dürfte.
Zur abenteuerlichen Vorgeschichte empfiehlt ihr/euer MediaWatch-Redakteur
einen eigenen
Blogbeitrag von 2016, einen
Bericht aus dem Handelsblatt von 2017, die zahlreichen
Artikel in amerika21
und die Berichte von Frederico Füllgraf in den Nachdenkseiten, die über die
Suchfunktion leicht zugänglich sind.
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