Sonntag, 8. September 2024

Ab nach Ruanda?

Die Debatte um die besten Möglichkeiten, unerwünschte Migranten loszuwerden, nimmt groteske Züge an. Nun hat Joachim Stamp (FDP), der Sonderbevollmächtigte der Bundesregierung für Migrationsabkommen, vorgeschlagen, man möge doch alle Flüchtlinge, die aus Russland und Belarus nach Deutschland kommen, nach Ruanda abschieben. 

Dort sollen dann die anhängigen Asylverfahren vom UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) durchgeführt werden. 

Stamp spricht von jährlich etwa 10.000 Betroffenen. Er will so offensichtlich die Debatte um Asylverfahren im Ausland befeuern. Letzten Herbst hatten sich Bund und Länder auf eine Prüfung dieser Idee verständigt. 

Auch damals war der Ruanda-Vorschlag schon ventiliert worden.

Bitte weiterlesen bei Telepolis ...

Dienstag, 3. September 2024

Libyen taumelt erneut

Zwischen Tripolis und Tobruk ist der Streit um die Öleinnahmen erneut entbrannt. Es kommt zu Lieferstopps. Wird sich der zerstörte und besetzte Staat je wieder erholen?

Wie Reuters meldet, fällt seit Ende August mehr als die Hälfte der libyschen Ölförderung aus. Das sind etwa 700.000 Barrel pro Tag. Auch wurden die Exporte aus mehreren Häfen gestoppt. Das ist immerhin knapp ein Prozent des täglichen Weltverbrauchs von rund 97 Millionen Barrel.

Ein Patt zwischen rivalisierenden politischen Fraktionen über die Kontrolle der libyschen Zentralbank und die Verteilung der Öleinnahmen droht eine jetzt vier Jahre andauernde Periode relativen Friedens zu beenden. Und es geht praktisch um alles, denn die Öleinnahmen machen 68 Prozent des Bruttonationaleinkommens und 95 Prozent der Staatseinnahmen aus.

Bitte weiterlesen bei Telepolis ...

Donnerstag, 15. August 2024

Fundstücke CCCXXXIII

Schöne neue Welt. Symbolbild Genmais einer KI

Mexiko/Genmais: Nach vierjährigem juristischem Tauziehen haben jetzt zwei mexikanische Ableger von Monsanto - Tochtergesellschaften des deutschen Chemieriesen Bayer - ihre Klagen gegen die mexikanische Regierung wegen des Verbots von gentechnisch verändertem Mais fallen gelassen (naked capitalism). Auch die neue Regierung von Claudia Sheinbaum beabsichtigt, die Restriktion aufrechtzuerhalten.

Kenia muss jetzt höhere Zinsen auf den internationalen Märkten zahlen, denn die Ratingagentur Fitch hat den Daumen über Nairobi gesenkt, nachdem die Steuererhöhungen an den Protesten der Bevölkerung gescheitert waren (MediaWatchBlog berichtete).

Israel annektiert (ganz offiziell) die größten Landflächen in Palästina (im fruchtbaren Jordantal, Westbank) seit Inkrafttreten der Oslo-Verträge 1993. 
Dazu 'passt': Die renommierte Fachzeitschrift The Lancet veröffentlicht eine Studie, die zu erwartenden Todesopfer im Gazastreifen auf bis zu einer halben Million Menschen beziffert (hat tip The Cradle).
naked capitalism bietet eine gute Zusammenfassung der jüngeren Ereignisse - im westlichen Medienmainstream wagt das niemand mehr.

Kunst in den Zeiten des Grauens: Telepolis hat auf Initiative Ihres/Eures MediaWatchBlog-Redakteurs ein sehr persönliches Essay von palästinensischen Rappers Tamer Nafar zu kulturellen und künstlerischen Aspekten des Gaza-Krieges vom +972 Magazine übernommen. Unbedingt lesen.

Palästina: Hamas und Fatah und zwölft weitere Palästinenserorganisationen haben miteinander konferiert - in China (The Cradle).

Landrechte: Die Welthungerhilfe wirft einen ebenso informativen wie verdienstvollen Blick auf die "Landnahme 2.0".

Die Konkurrenz um Land verschärft sich schleichend – das internationale Experten-Panel für nachhaltige Ernährungssysteme hat jüngste Trends ausgewertet, wie Begehrlichkeiten nach Rohstoffen, Anlagegewinnen, Wasserreserven oder zunehmend auch CO2-Zertifikaten alles aus Land herauszupressen suchen, was geht.
Der Digital Divide gerät zum Intelligence Gap. Auf der Weltkonferenz für Künstliche Intelligenz in Shanghai wurden Forderungen erhoben, die Lücke zwischen Industrie- und Entwicklungsländern bei der Nutzung von KI zu überbrücken.

Spekulation: Es drohen Verluste in Milliardenhöhe, weil Ghana keinen Kakao liefern kann (Reuters).

Deutschland: Die Ausgaben für Entwicklungshilfe werden um fast eine Milliarde Euro gekürzt (ARD).

Medien/Deutschland: Ein einziger Screenshot bei der ARD macht den Elefanten Raum sichtbar - Israel/Gaza.


Dienstag, 13. August 2024

Wem nützt der Umsturz in Bangladesch?

Der Umsturz in Bangladesch war wohl keine Farbenrevolution. Dennoch sind die USA gut aufgestellt, um jetzt in das Machtvakuum vorzustoßen. Warum ist das so?

„Junge Menschen haben Bangladeschs repressive Führung gestürzt. Werden sie jetzt in der Lage sein, einen echten Wandel herbeizuführen?“, fragt The Conversation und spricht damit vielen aus der Seele, die um die menschenverachtende Blutspur der Regierung von Ex-Premierministerin Sheik Hasina wissen und dem Land einen Neuanfang wünschen.

Doch die Wirklichkeit ist weit weniger prosaisch. Die Nachrichtenagentur Reuters meldete vor wenigen Tagen, dass es eine Entscheidung der Militärs war, die Proteste nicht weiter zu unterdrücken. In der Nacht, bevor Hasina aus Bangladesch floh, hielt ihr Armeechef eine Sitzung mit seinen Generälen ab, und die Herren beschlossen, dass ihre Truppen nicht auf Zivilisten schießen würden, um eine Ausgangssperre durchzusetzen.

Bitte weiterlesen bei Telepolis ...

Samstag, 27. Juli 2024

Musik in den Zeiten des Grauens

Eine ungewöhnliche Initiative hat Telepolis ergriffen und Tamer Nafar, einen bekannten palästinensischen Rapper, Schauspieler, Drehbuchautor und Aktivist mit israelischer Staatsbürgerschaft abgedruckt.

Tamer Nafar wurde 2016 einem größeren Publikum in Deutschland halb-autobiografischen Spielfilm Junction 48 bekannt, der bei den Internationalen Filmfestspielen Berlin mit dem Publikumspreis ausgezeichnet wurde.

Tamer Nafar ist außer auf YouTube auch auf Instagram, Facebook und X (Twitter) sowie auf Spotify zu finden.

Tamer Nafars Beitrag war zunächst im +972 Magazine erschienen.  


Freitag, 19. Juli 2024

Besatzung illegal, Oslo illegitim

Teil der Mauer um Palästina. Foto: Ziad-el-shuraf, CC BY-SA 4.0

In einem vernichtenden Rechtsgutachten hat der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag am Freitag, dem 19. Juli 2024 seine Einschätzung zu den „rechtlichen Folgen der Politik und Praktiken Israels in den besetzten palästinensischen Gebieten, einschließlich Ostjerusalem“ abgegeben.

Die Stellungnahme erfolgte auf Anfrage der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 30. Dezember 2022 und bezieht sich auf zwei Kernfragen:
  1. die Auswirkungen der andauernden Verletzungen Israels bezüglich des Selbstbestimmungsrechts des palästinensischen Volkes
  2. und die rechtlichen Konsequenzen für alle Staaten sowie die Vereinten Nationen aus dieser Situation.

Besatzung beenden,
Siedler evakuieren,
Palästinenser entschädigen,
Flüchtlinge zurückkehren lassen

Der IGH kam zu dem Schluss, dass die Präsenz Israels in den besetzten palästinensischen Gebieten unrechtmäßig sei und Israel verpflichtet ist, diese so schnell wie möglich zu beenden. Weiterhin muss Israel unverzüglich alle neuen Siedlungsaktivitäten einstellen und die bereits angesiedelten Bewohner aus den besetzten Gebieten evakuieren.

Das Gericht fordert zudem von Israel, Wiedergutmachung für den verursachten Schaden zu leisten und stellt überdies fest, dass allen vertriebenen Palästinensern die Rückkehr zu ermöglichen ist.

UN-Whistleblower Craig Mokhiber betont dazu bei X:

Der Weltgerichtshof hat soeben alle Einwände Israels, der USA und des Westens zurückgewiesen […] und erklärt, dass Israel in den besetzten palästinensischen Gebieten Rassentrennung/Apartheid begeht.
Unterstützung Israels beenden

Alle Staaten sind laut IGH dazu verpflichtet, die Situation als illegal anzuerkennen und keine Unterstützung zur Aufrechterhaltung dieser Lage zu leisten. Internationale Organisationen, einschließlich der Vereinten Nationen, dürfen ebenfalls die Situation ebenfalls nicht als legal anerkennen.

Die Vereinten Nationen, insbesondere die Generalversammlung und der Sicherheitsrat, sollten über die genauen Modalitäten und weiteren erforderlichen Maßnahmen nachdenken, um die unrechtmäßige Anwesenheit Israels in den besetzten palästinensischen Gebieten so schnell wie möglich zu beenden.

Verletzung des Selbstbestimmungsrechts

Der IGH hält fest, dass das palästinensische Volk aufgrund der jahrzehntelangen Politik und Praktiken Israels seines Selbstbestimmungsrechts beraubt wird. Die Annexion des besetzten palästinensischen Territoriums, die Fragmentierung des Gebiets, die Verweigerung des Zugangs zu natürlichen Ressourcen und die Beeinträchtigung des Rechts auf wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung des palästinensischen Volkes hätten direkte Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der israelischen Präsenz als Besatzungsmacht.

Mokhiber stellt in diesem Zusammenhang einen weiteren wichtigen Punkt klar:
Wichtig ist auch, dass sie entschieden haben, dass die Oslo-Abkommen die Verpflichtungen des internationalen Rechts, das die Rechte des palästinensischen Volkes schützt, nicht außer Kraft setzen können.
Zuerst erschienen bei Telepolis ...

Dienstag, 16. Juli 2024

Pacific Rim auf chinesisch

Der Hafen von Chancay
Der Hafen von Chancay, Grafik: La Republica, CC BY-SA 4.0

Peru bekommt einen großen Tiefseehafen. Gebaut und betrieben wird das Terminal von einer chinesischen Firma. EU und USA reagieren verschnupft, wähnt man Lima doch eigentlich fest im westlichen Orbit.

Peru ist im Begriff, ein wichtiger globaler Schifffahrtsknotenpunkt zu werden: In den letzten fünf Jahren hat der chinesische Gigant Cosco Shipping Ports zusammen mit dem peruanischen Bergbauunternehmen Volcan 3,6 Milliarden Dollar in den Ausbau eines natürlichen Tiefwasserhafens in Chancay investiert - nur 75 km nördlich von Lima.

Der erste Teil des Projekts, der sich jetzt in der Endphase befindet, soll im November eingeweiht werden, wenn der chinesische Staatschef Xi Jinping am APEC-Gipfel in Peru teilnehmen wird. Peru ist nach Brasilien das zweitgrößte Zielland für chinesische Investitionen in Lateinamerika.

Weiterlesen bei Telepolis ...