Knapp eine Woche später hatten Zeit und die FAZ erste Hintergrundberichte fertig. ZEIT Online begründete den Übergriff der Militärs mit dem Hinweis, dass Guinea-Bissau ein Narko-Staat sei und die Militärs ihre Pfründe gefährdert sähen. Die Reformpläne für den Sicherheitssektor des nach der ersten Wahlrunde vorne liegenden Ministerpräsidenten Carlos Domingos Gomes Junior hätten der Armee nicht gepasst. Auch die FAZ.NET weist auf die Reformbestrebungen hin. Schon als Ministerpräsident habe Gomez versucht
die Sicherheitskräfte zu reformieren, indem er die Polizei als Gegengewicht zum Militär aufbauen und die Armee um ein Viertel Soldaten verkleinern wollte. Diese Politik hatte er als Präsident fortsetzen wollen. Die neuen Polizeikräfte hätten vor allem gegen den Drogenschmuggel wirken sollen, an dem das Militär maßgeblich beteiligt ist.Um die Reform durchzuführen, hatte Guinea-Bissau 2010 Unterstützung von angolanischer Seite gefunden. Noch einmal FAZ.NET mit Fakten, die aufhorchen lassen:
(...) Angola stationierte dazu 200 Soldaten in Guinea-Bissau. (...) Schon im Dezember hatte eine Gruppe guineischer Soldaten zu putschen versucht, während Präsident Sanhá in einem Pariser Militärkrankenhaus seinem Ende entgegensah. Gomes Júnior war damals in die angolanische Botschaft geflüchtet, deren Sicherheitskräfte die Angreifer abwehrten.Doch schon vor der Ankunft des ersten, 70 Mann starken Truppenkontingents der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS (vgl. auch G-News dt.) am 18. Mai 2012 mussten die Angolaner gehen - was Interventionsdrohungen der Gruppe der portugisischsprachigen Länder zur Folge hatte. IRIN dazu:
(...) there are concerns that several countries in the ECOWAS bloc may be using the current situation as an opportunity to diminish Angola’s presence in Guinea-Bissau. Angola has stepped up aid and technical and military assistance to the country in recent years.So entsteht nun eine einigermaßen verwickelte Lage: Während UN (Welt Online) und EU (stern.de) die Junta mit Sanktionen belegt haben, kann die unlängst gebildete Interimsregierung mit der Unterstützung der ECOWAS rechnen. Geführt wird die übrigens jetzt ein Jahr lang von Manuel Serifo Nhamadjo als Interimspräsident. Nhamadjo war mit 16 Prozent als dritter aus der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen im März hervorgegangen. Die Junta hat mittlerweile ranghohe ehemalige Regierungsmitglieder freigelassen und der um seinen Wahlsieg betrogene Gomez wurde in Lissbon empfangen. Bei IRIN wird das so formuliert:
One theory is that ECOWAS used the threat of military intervention by the Community of Portuguese Speaking Countries (CPLP), which is led by Angola and Portugal, to push in its own troops instead.
The international power play has allowed the military in Guinea-Bissau to obtain ECOWAS support for their nominee, Nhamadjo, said ICG’s Foucher.Direkt im Anschluss zitiert IRIN den Mitarbeiter der International Crisis Group mit den Worten:
“It is important that the broader international community gets on board and pushes ECOWAS to obtain significant concessions from the Guinean military, to make sure the transition leads to an effective and credible return to democracy”.Man darf gespannt sein, wessen Interessen in dem kleinen westafrikanischen Land durchgesetzt werden, das erst 1973 seine Unabhängigkeit erkämpfen konnte: Kriegen die Franzosen (ivorisches und guineisches Engagements innerhalb der ECOWAS) einen Fuß in die Tür oder können Portugal und Angola ihren Einfluss wahren? Spannend wäre es auch, zu erfahren, ob - und wenn ja, in welcher Form - sich die beiden ehemaligen Kolonialmächte, Portugal und Frankreich, zu Guinea-Bissau abstimmen.
Das Land ist flächenmäßig nur unwesentlich größer als Baden-Württemberg und zählt zu den ärmsten der Welt. Trotz stark landwirtschaftlich ausgerichteter Wirtschafts- und Exportstruktur verfügt Guinea-Bissau über einige Rohstoffe: Phosphate, Bauxit, Erdöl, Gas und Gold. Eine angolanische Firma plant, mit der Exploration der Bauxitvorkommen zu beginnen. Seit 1994 gehört das Land der CFA-Zone an (wikipedia).
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