Die Düngerpreise fallen zwar, liegen aber immer noch doppelt so hoch wie 2021 (agrar heute)
Das ist einer der Gründe dafür, warum es eine heftige Preisrunde bei Lebensmitteln in Deutschland
von über 20 Prozent gegeben hat. Und diese Preise steigen nicht nur hierzulande.
In
Marokko, sind Kartoffeln über 500 Prozent teurer
geworden,
in Ägypten galoppiert die Inflation - angetrieben von der Teuerung bei Lebensmitteln,
in
Thailand, wird der Reis teurer,
in
Usbekistan, hat die Regierung einen Exportstopp für
Grundnahrungsmittel
verhängt und
in
Argentinien steigen die Lebensmittelpreise, weil Dürre herrscht.
China kämpft mit allen zur Verfügung stehen Mitteln darum,
Selbstversorger bei Nahrungsmitteln zu werden
(SCMP) und so die Ernährung der Menschen im Reich der Mitte noch sicherer zu machen.
Diese Nachrichten stellen selbstverständlich nur eine Auswahl dar,
denn die Preise haben weltweit deutlich angezogen
(FAO), auch wenn sie 2022 bei Speiseöl und Getreide zwischenzeitlich noch höher
lagen.
Schon sind die ersten Hungerrevolten zu verzeichnen - zum
Beispiel am 21. März als es
Proteste wegen hoher Lebensmittelpreise in Nairobi
(ZEIT) gab.
Wer nun glaubt, es wird schon wieder werden, übersieht, dass die
Abhängigkeit von Russland in Bezug auf Düngemittellieferungen - weltweit
und auch in der EU - derzeit zunimmt
(Focus) und durchaus noch weiter zunehmen kann. Die Energiepreise hierzulande
sind einfach zu hoch, um noch Düngemittel herzustellen.
Schon längst wurden Rufe nach der Politik laut
(agrar heute). Gleichzeitig verhindern die Sanktionen gegen Russland und
Weißrussland den Import bezahlbarer Dünge- und Nahrungsmittel. Sogar das
Weltwirtschaftsforum (WEF) macht sich deswegen Sorgen und
sieht die Schuld für diese Entwicklung bei der EU. Einen brillanten Überblick über das Ausmaß der Abhängigkeit gibt das International Food Policy Research Institute, IFPRI:
Was für uns, die Menschen in der NATO vor allem Mengen- und Qualitätseinbußen - spürbar als Preiserhöhungen - bedeutet, wird in Entwicklungsländern als Hunger manifest: "In Afrika südlich der Sahara – mit Ausnahme Südafrikas – brach der Verbrauch nach Schätzungen des International Fertilizer Development Center mit Sitz im US-Bundesstaat Alabama um rund 25 Prozent ein", schreibt German-Foreign-Policy.com Die Frage von Düngemittelexporten ist eng mit den Verhandlungen um eine Verlängerung des Getreideabkommens zwischen Russland und der Ukraine verbunden. Aber hier haben sich die EU und vor allem die baltischen Staaten als äußerst hartleibig erwiesen. Sie wollen sämtliche Sanktionen gegen Russland um jeden Preis aufrechterhalten. Sie für russische Nahrungs- und Düngemittelexporte auszusetzen, ist aber eine Voraussetzung für den Getreidedeal. Deshalb ist der Vertrag aktuell auch nur um sechzig Tage verlängert worden.
Und die Zukunft sieht düster aus: Aus Moskau kommen Warnungen, weil weiterhin nur eine winziger Teil der russischen Agrarexporte von den Sanktionen ausgenommen wird (RT.com). Und der US-Nahrungsmittelgigant Cargill hat angekündigt, ab der nächsten Ernte (1. Juli) gar keine Grundnahrungsmittel aus Russland mehr handeln zu wollen (RT.com). Das sind keine guten Aussichten für die internationale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Welthungers.
Und was für Dünger gilt, gilt erst recht für Nahrungsmittel: Insgesamt dürften die Länder, die Lebensmittel in großem Umfang exportieren können (und nicht nur importierte Kalorien veredeln), deutlich an Einfluss vor allem in Afrika gewinnen. In diesem Zusammenhang muss auch die Ansage des des russischen Präsidenten Wladimir Putin gestellt werden, ggf. Getreide an afrikanische Länder zu verschenken (Reuters).
Verschärfend kommt hinzu, dass die Ukraine künftig mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit weniger Nahrungsmittel produzieren wird - Russland hingegen mehr. Dürren in aller Welt (Telepolis) und weitere, zunehmende Unsicherheiten durch die definitiv Fahrt aufnehmende Klimakatastrophe (Hindustan Times) werden die Probleme wohl stetig verschärfen.
Niemand sollte die Ernsthaftigkeit von Initiativen wie der Putins bezweifeln: Für die
westlichen Eliten sind Entwicklungsländer vor allem Chips auf den Spieltischen
der extraktiven Konzerne und der Finanzindustrie (sowie evtl. noch der
Touristikbranche). Für Moskau - und letztlich auch für Peking - geht es jedoch ums
Überleben. Beide Länder brauchen solide Partnerschaften mit den Ländern im
globalen Süden.
Last not least ist auch wieder einmal zu fragen,
ob unsere großen Nahrungsmittelkonzerne ausgerechnet in derartigen
Krisenzeiten auch noch exorbitante Gewinne einfahren sollten
(open democracy; Link im Original):
20 of the world’s biggest food corporations – the largest in the grain, fertiliser, meat and dairy sectors – returned a total of $53.5bn to their shareholders in the last two financial years.
To put that into perspective, the UN estimates that it needs $51.5bn to provide life-saving support to 230 million people deemed most at risk worldwide.
You get the idea.
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