#WeAreRemovingADictator
verkünden der ugandische Musiker Bobi Wine und seine Anhänger
zuversichtlich. Leider wird das aller Voraussicht nach nicht klappen. 35
Jahre ist Yoweri Museveni jetzt an der Macht, aber der 76-Jährige hat
offensichtlich noch viel vor. Formell gesehen
ist der ugandische Präsident seit 1996 kein Diktator mehr
aber sein Regierungsstil ist autoritär und auch durchaus brutal: Nachdem er
Bobi Wine,
dessen bürgerlicher Name übrigens Robert Kyagulanyi lautet, im November 2020 kurzzeitig hatte verhaften lassen, brachten ugandische
Sicherheitskräfte bei anschließenden Protesten
54 Menschen
um. So wird Museveni dem Zerrbild des klassischen afrikanischen Diktators
immer ähnlicher.
Der besonders bei jungen Menschen sehr beliebte Musiker ist seitdem mehrmals
verhaftet worden;
zuletzt am 7. Januar 2021. Er hat sein Markenzeichen - ein rotes Barrett - inzwischen gegen eine
schusssichere Weste und Stahlhelm
vertauscht. Im Dezember
setzte er seinen Wahlkampf zwischenzeitlich sogar ganz aus, weil die Gewalt gegen sein Wahlkampfteam erhebliche Ausmaße angenommen
hatte.
Mittlerweile hat er auch seine Kinder außer Landes bringen lassen, weil
er Attentate auf sie fürchtet.
Bobi Wine sitzt seit 2017 im ugandischen Parlament. Seinen Sitz hat mit
einem weithin beachteten Haustürwahlkampf erobert und in den Jahren darauf
schafften es bei Nachwahlen meist Kandidaten aus seinem Lager der Plattform
der Nationalen Einheit (National Unity Platform) ins Parlament. Dem
hat die Staatsmacht diesmal aber vorgebeugt:
Bis auf einen einzigen sind sämtliche Kandidaten, die sich für die
Plattform um einen Parlamentssitz bemühen verhaftet worden. Auch seine Wahlkampfhelfer und Sicherheitsleute sind verhaftet oder
schlichtweg von Autos ohne Nummernschilder überfahren worden. Es wird einsam
um den Mann, der sich der geballten Macht des ugandischen Staatsapparates
gegenüber sieht.
Übermorgen, am Donnerstag, den 14 Januar 2021 ist Wahltag. Museveni überlässt
nicht dem Zufall. Er wirft Bobi Wine vor,
ausländische, vor allem europäische, Interessen zu vertreten und
Homosexualität zu verbreiten. Gleichzeitig
hält er die Medien an der ganz kurzen Leine
weshalb Reporters Sans Frontiers die Glaubwürdigkeit des Urnengangs
gefährdet sieht.
Amnesty International resümiert kurz und knapp:
Der Wahlkampf war charakterisiert durch Tötungen sowie Verprügeln und gewalttätige Auflösungen von Oppositionsversammlungen mittels Gummigeschossen und Tränengas
Viele Beobachter im Westen führen das Phänomen Bobi Wine auf die
sehr junge Altersstruktur der ugandischen Gesellschaft
zurück. Aber Bobi Wine überzeugt nicht nur junge Leute. Mit seinen
mittlerweile 86 Jahren ist der nigerianische Schriftsteller und
Nobelpreisträger Wole Soyinka diesbezüglich unverdächtig. Er beobachtet den
Weg von Bobi Wine offensichtlich schon eine ganze Weile. In
einem Interview mit Quartz Africa
meinte Soyinka unlängst:
Sogar bevor wir uns getroffen haben, habe ich mich für seine Bewegung und seine Kandidatur und seine Leidenschaft interessiert. Und ich teile sie, jedes bisschen davon.Für Wole Soyinka gilt das alte afrikanische Sprichwort, dass ein alter Mann auch im Sitzen weiter sieht, als ein Junge - selbst wenn der auf einen Baum klettert. Denn der große alte Mann der westafrikanischen Literatur hat auch Museveni schon persönlich getroffen, über den er heute sagt:
(...) Derzeit repräsentiert Bobi Wine für mich das Gesicht der Demokratie in Uganda.
Ich habe Museveni während des Kampfes gegen Sani Abacha [ehemaliger nigerianischer Militärdiktator von 1993-1998] getroffen. Zu dieser Zeit war es immer noch möglich, ihn als demokratischen Führer zu betrachten. Heute hat er sich der Gang angeschlossen - den Feinden der Gesellschaft.
Euer/Ihr MediaWatch Redakteur hofft inständig, dass Bobi Wine noch lange
leben möge - doch da ist er sich leider überhaupt nicht sicher. Ende 1995
hat man sich auch nicht vorstellen können, dass Sani Abacha den
Schriftsteller und Aktivisten
Ken Saro Wiwa
ganz locker aufs Schafott schickt. So weit wird Museveni ziemlich sicher
nicht gehen - aber es reicht ja schon ein Auto ohne Nummernschilder.
P.S.: Die USA unterstützen die ugandische Regung mit fast einer Milliarde Dollar(!) pro Jahr: "The U.S. government plays a key role in supporting the professionalization of the military (...)"
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