Auch die Financial Times pflegt diesen Stil: "Meddle with the market at your peril. No other system, from Fabian socialism to Soviet-style communism, has met its people’s needs" wird uns da erklärt (Login erforderlich). So macht man dringend notwendige, staatliche Korrektive für versagende Märkte zum Teufelszeug, ohne es offen aussprechen zu müssen. Dass dieser Text von Alan Greenspan, dem Ex-Chef der UN-Notenbank stammt, macht es nicht besser - im Gegenteil. Greenspan trägt in erheblichem Maße Schuld an der derzeitigen Misere, weil er die Immobilienblase in den USA ignoriert hat.
Welt Online kann das auch ganz gut. Hier weiß man ganz genau: "Perfekter Sozialismus. Herr Hollande hat die Euro-Krise nicht verstanden". Geradezu hellseherisch nehmen sich die darin preisgegebenen Kenntnisse über die künftige Politik des französischen Präsidentschaftskandidaten François Hollandes aus: "Er (...) wird Steuern erhöhen, umverteilen, Banken zerschlagen, Märkte regulieren und in gut 200-jähriger französischer Tradition eine Pflicht zur Gerechtigkeit etablieren."
Es ist eine nervige Angewohnheit insbesondere konservativer (britischer) Zeitungen und Zeitschriften, ganz genau Bescheid zu wissen. Und es ist sicher kein Zufall, das es insbesondere Wirtschaftsthemen sind, für die dieser Stil angewandt wird. Die Botschaft: Wer dies hier liest, blickt - genau wie wir - voll durch! Apodiktische Formulierungen tauchen bevorzugt dort auf, wo vor allem Zweifel und offene Diskussion angebracht wären. Zudem suggerieren derartige Formulierungen manchmal nachrichtliche Fakten, die sich eben gerade nicht hinter derartigen Schlagzeilen verbergen. Das ist eine Sprache, die die von ihr verkündeten Diktionen als 'alternativlos' erscheinen lassen möchte.
P.S.: Die Bildzeitung pflegt einen ähnlichen Stil - allerdings oberlehrerhaft volkstümlicher (1), (2), (3), (4). Auch Phrasen wie "was sie jetzt über yxz wissen müssen" o.ä. funktionieren nach einem ähnlichen Strickmuster.
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