Die Vorwürfe, China manipuliere seine Währung setzt der
Kommentar "China, der globale Sündenbock" im Tagesspiegel gekonnt in Bezug zu den riesigen Geldlawinen, die die US-Notenbank sei zwei Jahren lostritt - derzeit auch, um den Wert des US-Dollars zu senken. Folgende Passagen sind überaus bedenkenswert:
"Der Dollar ist unsere Währung, aber Euer Problem", hatte schon John Conally, der Finanzminister der US-Regierung unter Präsident Nixon, erklärt, als seine Regierung mit der Inflationierung des Dollar zu Beginn der siebziger Jahre das (...) System der festen Wechselkurse sprengte (...).
Doch auch für Entwicklungs- und Schwellenländer hatte die rücksischtslose Geldpolitik der Industrieländer bittere Konsequenzen:
Mal operierte die US-Notenbank Federal Reserve dann mit Hochzinsen im zweistelligen Bereich, um der Inflation Herr zu werden, und trieb damit zahlreiche Entwicklungsländer in den Ruin, weil sie die Zinsen für ihre Dollarschulden nicht bezahlen konnten.
Mal drückte die Fed dann gemeinsam mit der Bank of Japan binnen eines Jahres den Yen-Kurs um 60 Prozent und löste damit 1997 die Finanzkrise in den asiatischen Tigerstaaten aus, deren Exportindustrien plötzlich nicht mehr wettbewerbsfähig waren. Und nun ist es wieder die künstliche Dollarflut, die den brasilianischen Real, den thailändischen Baht, den koreanischen Won und viele andere Währungen auf neue Spitzenkurse hebt und die jeweiligen Regierung zwingt, ihrerseits Gegenmaßnahmen zu ergreifen.
Eben dieser Mechanik aber haben sich Chinas Währungslenker niemals unterwerfen wollen.(...)
Der aktuelle Konflikt, der nach der unmaßgeblichen Meinung im MediaWatchBlog durchaus in einen regelrechten Abwertungswettlauf münden kann, (vgl. auch die
Baustellen der Globalisierung oder diesen Asia Times-Artikel über
thailländische Bemühungen, den Wert des Baths nicht explodieren zu lassen) wird in Peking und Shanghai folglich auch etwas anders bewertet, als in New York, Washington, London, Frankfurt und Brüssel:
Nicht Chinas Wechselkurskontrolle, sondern "die inflationäre Geldpolitik der USA" sei "die Wurzel des Problems", erklärte Fan [Gang, chinesischer Ökonom] (...). Darum sei "der Dollar kein stabiler Anker mehr für das globale Finanzsystem", erklärte Fan rundheraus, es werde "Zeit, nach Alternativen zu suchen".
Worin die bestehen könnten, ist aber noch nicht ausgemacht. Denn
(...), eine Währungsordnung, die von allen Beteiligten eine Anpassung ihrer nationalen Währungspolitik zum Zweck einer weltweiten Stabilisierung und eines Ausgleichs der Handelsbilanzen abverlangt, haben Amerikaner, Europäer und Japaner bisher noch immer strikt abgelehnt. Vor diesem Hintergrund ist es verlogen, allein China zu einer Aufwertung zu drängen, während sich sonst nichts ändern soll.
Die Möglichkeiten für Peking werden ebenso präzis wie prägnant beschrieben:
Die Anhäufung immer größerer Devisenreserven, die jetzt schon den Umfang von 2,5 Billionen Dollar erreicht haben und überwiegend Amerikas und Europas Staatsschulden finanzieren, verschwendet nur die Mittel, die eigentlich dringend für die Gesundheits- und Altersversorgung der Bevölkerung gebraucht werden. (...) Doch die Umsteuerung gelingt gewiss nicht, wenn mit einer schockartigen Aufwertung des Renminbi Millionen von Arbeitern in den Exportindustrien ihre Jobs verlieren.
P.S.: Wer übrigens glaubt, ein Dollarkurs von 0,7 Euro ist kein Problem, denn die deutsche Wirtschaft sei ja sehr leistungsfähig, wird später sicher auch wieder bereit sein, weniger resistenten EU-Mitgliedern, die mit solchen Wechselkursen keineswegs fertig werden, erneut mit Milliardenbeträgen unter die Arme zu greifen.
China, Brasilien, Thailand, Japan, USA: Die Liste der Länder, die den Wert ihrer Währung aktiv drücken oder eine Schwäche in Kauf nehmen, wird immer länger (FTD).
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