"Kann ein Lächeln Leben retten?", fragt ganz feuilletonistisch der Freitag (in einem aus dem britischen Guardian übernommenen Beitrag) und stellt fest: "Nun reisen auch Models in Elendsgebiete, um mit ihrer Prominenz die Arbeit von Hilfsorganisationen zu unterstützen."
Was war passiert? Eine junge fotogene Dame besucht ein Krankenhaus in Kairo, in dem Kinder mit angeborenen Fehlbildungen (v.a. Lippen- und Gaumenspalten) operiert werden - finanziert mit Geldern, die eine US-Wohltätigkeitsorganisation in Industrieländern akquiriert.
Abgesehen davon, dass ein Kairoer Krankenhaus kein Elendsgebiet im engeren Sinne ist, geht der ganze Artikel in eine merkwürdige Richtung: 'Kritisch' wird gefragt, ob das nicht ganz schön eigennützig von dem Model und der Modebranche sei, ihre Geschäfte mittels der medialen Unterstützung zu fördern, die das Engagement für Wohlfahrtsorganisationen in der Regel mit sich bringt. Dabei ist dies die Frage, die am unwichtigsten ist. Und es ist bezeichnend für die Verfasstheit unserer Gesellschaft und Medien, dass sie die Mildtätigen für wichtiger halten als die Armen, denen die Gaben doch in erster Linie zukommen (sollen).
Viel wichtiger und auch interessanter für einen Beitrag zu diesem Thema wären vielleicht folgende Recherchen gewesen:
- Wie helfe ich einem Menschen nachhaltig - eher durch eine (zugegebenermaßen sinnvolle) kosmetische OP oder durch eine vernünftige Ausbildung; ggf. auch für ein Elternteil? (Immerhin könnte die Familie die nötigen 250.- US-Dollar dann vielleicht sogar selbst erarbeiten.)
- Wer profitiert eigentlich? Wie werden die Kinder ausgesucht, die operiert werden?
- Was ist mit dem Gesundheitswesen vor Ort - zumindest in einem Land wie Ägypten? Vermutlich können oder wollen die das nicht finanzieren, haben ganz andere Probleme. Doch wenn man schon vor Ort ist, könnte man ja auch mal beim zuständigen Ministerium vorbeischauen.
Nicht ganz so wichtig, aber auch interessant, da sich der Beitrag auf eine US-NRO bezieht:
- Was ist eigentlich mit Kindern in den USA, die nicht krankenversichert sind aber fehlgebildet auf die Welt kommen? Hilft denen jene in Virginia beheimatete Wohltätigkeitsorganisation ebenfalls finanziell?
Fragen über Fragen also, die britische LeserInnen vielleicht nicht stellen, weil dort der Begriff der Wohltätigkeit (und der öffentlichen Daseinsfürsorge) ein immer noch etwas anderer ist als hierzulande. Aber bevor man sich beim Freitag an die mühevolle Übersetzungsarbeit macht, dürften die KollegInnen ruhig einen zweiten Blick auf derartige Texte schmeißen, um festzustellen, ob sich deren Weiterverabeitung überhaupt lohnt....
Das es weitere Trittbrettfahrer gibt, die diese unverfänglich wirkende Arbeit gerne für ganz andere Zwecke nutzen, und dass das auch das US-Militär auf diesem Wege um Akzeptanz buhlt, belegt das unten stehende Bild. (Die erwähnte Wohltätigkeitsorgansiation war an diesem Einsatz nicht beteiligt, absolviert aber ähnliche Einsätze.)
Die Erläuterung bei wikimedia zu dem Foto lautet:
"Jolo, Philippines (June 9, 2006) - Philippine President Gloria Macapagal-Arroyo greets the grandmother of a 13 year old child who had surgery aboard U.S. Military Sealift Command (MSC) Hospital Ship USNS Mercy (T-AH 19). The child had just undergone a long anticipated cleft lip operation. The ship is in its last day of humanitarian assistance work at the southern Philippine island. Mercy's diverse crew of U.S. and foreign military, nongovernmental organization, and host nation medical professionals treated thousands of local residents during its weeklong stay and has held medical and dental civil action projects aboard ship and ashore. Mercy is on a five-month deployment to South Asia, Southeast Asia and the Pacific Islands. U.S. Navy photo by Chief Photographer's Mate Don Bray (RELEASED)"
Mittwoch, 6. Januar 2010
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