Freitag, 27. Januar 2023

Peru: Mit Gewalt durchregieren

Peru kommt nicht zur Ruhe. Seit der Absetzung des glücklosen Präsidenten Pedro Castillo gibt es immer mehr Tote bei Protesten. 50 Tote zählte die ARD am 13. Januar und meldete Rücktritte von Regierungsmitgliedern, die sich inzwischen scheinbar daran erinnern, wofür sie eigentlich gewählt worden sind. Mittlerweile wurde in Teilen des Landes der Ausnahmezustand ausgerufen (DW). 

Die Proteste - die immer weiter gehen (2) - zeigen, dass die Menschen in Peru sehr wohl eine recht genaue Vorstellung mit der Wahl des tief gläubigen Lehrers und Gewerkschaftsführers verbunden hatten. Von einem "Aufschrei der ewig Unterdrückten" schreibt denn auch amerika21.
Gefordert werden sofortige allgemeine Wahlen und vor allem

eine verfassungsgebende Versammlung, die in der Lage ist, [...] der Nation ein funktionierendes, lebensfähiges und den sozialen Erfordernissen entsprechendes politisch-institutionelles Konzept gibt.

Die Verfassungsreform war ein Wahlversprechen Castillos gewesen, vom Parlament allerdings verhindert worden.
Die US-Botschafterin in Lima, Lisa Kenna, hat für die CIA und das Pentagon [...] gearbeitet. Es war kein Zufall, dass Kenna einen Tag vor dem Staatsstreich gegen Castillo mit dem Verteidigungsminister von Peru, einem Brigadegeneral im Ruhestand, zusammengetroffen ist, der dann dem Militär befohlen hat, sich gegen Castillo zu wenden.

schließt amerika21 seine Analyse. 

Auf einen weiteren interessanten Umstand macht Russia Today aufmerksam:

Das Jahr 2023 ist entscheidend für Peru. [...] Im kommenden Jahr müssen mehrere – sehr spezielle – Verträge mit Förderfirmen erneuert werden, denn ihre 30-jährige Laufzeit geht zu Ende. Im Kongress war klar, dass Präsident Castillo die Forderungen seiner Wählerschaft in die neuen Bedingungen für Konzerne und Investitionen einbringen und verteidigen würde. Sie mussten ihn entmachten, um das Modell weiterführen zu können. 
Es geht vor allem um Erdöl und Erdgas aber auch um Lithium. RT beruft sich dabei auf die frühere peruanische Abgeordnete (2020-2021) und Journalistin Cecilia García. Wer Spanisch kann, ist herzlich eingeladen, ihren Ausführungen von Mitte Dezember 2022 zuzuhören.

China und die USA führen einen Krieg um die Seele Perus, meint naked capitalism zu den Ereignissen.

China is already Peru’s largest trading partner on both the exports and imports side. A whopping 32% of Peru’s exports go to China, compared with just 12% to the US. [...]
Peru is also one of just three countries in the region, along with Chile and Costa Rica, that have free trade agreements (FTAs) with China, though another five, including Colombia, Panama and Uruguay, are in the process of negotiating FTAs with the Asian giant.
Sollte Boluarte zurücktreten müssen, könnte der Jubel der Linken aber verfrüht sein. Naked capitalism (Link im Original) warnt:
If Boluarte herself were to fall, she would be replaced by the president of Congress, a position that has been occupied since September by José Williams Zapata, a former military general who allegedly once had ties to the Tijuana drug cartel in Mexico and is suspected of covering up the Accomarca massacre (1985), one of the most notorious examples of human rights violations by the Peruvian state during the country’s 20 years of terrorism insurgency.
Auch naked capitalism verweist übrigens auf die Rolle von Lisa Kenna.

Ein einziges Zugeständnis hat die amtierende Präsidentin Dina Boluarte bisher gemacht: Es soll Neuwahlen geben - aber erst im April 2024 (DW).

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