Na bitte, geht doch: Die Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei hat die Ausfuhr von ukrainischen Agrarprodukten über die verbliebenen (weiterhin verminten) Schwarzmeerhäfen möglich gemacht (ARD). Die Weizenpreise in Frankfurt haben daraufhin leicht nachgegeben und stehen mit Datum 22. Juli 2022 in etwa wieder da, wo sie im Februar 2022 vor Beginn des Ukraine-Krieges standen. Die Schiffe werden von beiden Kriegsparteien und zusätzlich von der Türkei auf versteckte Waffenlieferungen kontrolliert (RT.com).
Die Redaktion des MediaWatchBlog ist jedoch überzeugt, dass die Welternährung weiterhin höchst fragil ist. Zu viele fundamentale Faktoren sprechen gegen eine baldige Entspannung: wachsende wirtschaftliche Ungleichheit, Konflikte, hohe Energiepreise, hohe Düngemittelpreise und gefährdete Ernten (Stichwort Klimaüberhitzung). Die Welternährungsorganisation (FAO) bietet dazu eine hervorragende Animation auf Grundlage ihres aktuellen Berichts zur Welternährung:
This year’s report should dispel any lingering doubts that the world is moving backwards in its efforts to end hunger, food insecurity and malnutrition in all its forms. (...) The intensification of the major drivers behind recent food insecurity and malnutrition trends (i.e. conflict, climate extremes and economic shocks) combined with the high cost of nutritious foods and growing inequalities will continue to challenge food security and nutrition.Zu einfach macht es sich übrigens Matthias Mogge, Generalsekretär der Welthungerhilfe, wenn er Exportstopps für die Verschärfung der Hungerkrise mitverantwortlich macht (ZDF). Eine solche Einlassung ignoriert, dass Märkte eben nicht der Naturzustand gesellschaftlicher Organisation sind, sondern von politischen Vereinbarungen abhängen (1), (2).
Ernstzunehmende Politikökonomen wissen das und empfehlen deshalb eine mehrgleisige Strategie: Die heimische Produktion muss zumindest so weit erhalten und gefördert werden, dass die Menschen vor Ort Marktversagen überleben können. Nicht vergessen werden darf außerdem, dass bei offenen Märkten die Wohlhabenden die höheren Preise zahlen (können) - und von denen leben nur die wenigsten in Entwicklungsländern.
Syrien steht vor einer sehr schlechten Weizenernte
(MEMo). 2011 hatte das Land noch über vier Mio. Tonnen Weizen geerntet, jetzt
sind es nur noch rund eine Mio. Tonnen.....
Nachtrag: Der wichtigere Teil des russisch-ukrainischen Nahrungsmittelsdeals besteht in dem Versprechen der westlichen Waffenlieferanten, die Sanktionen gegen russische Nahrungs- und Düngemittelexporte (inkl. Vorprodukte zur Düngemittelherstellung) aufzuheben. Vor allem die Reisfarmer:innen Asiens sind dringend auf russischen Kunstdünger angewiesen. Doch die dafür nötigen Ausnahmen von den Sanktionen vor allem gegen russische Banken werden sicher nicht kommen. Vgl. insbesondere naked capitalism. MediaWatch glaubt denn auch, dass diese "feel-good-Vereinbarung" (M.K. Bhadrakumar) nach 120 Tagen auslaufen wird.
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