Freitag, 13. September 2019

Fundstücke CCLXXV

China: Die besten Berichte in deutscher Sprache über die Situation in Hongkong kommen von den Nachdenkseiten (2). Da ist von exorbitanten Mieten bei stagnierenden Löhnen die Rede und von einem kaum regulierten, noch aus der Kolonialzeit ererbten Gangsterkapitalismus. Kein Wunder, dass manche die Möglichkeit fürchten, an die Jurisdiktion Pekings ausgeliefert zu werden. Die erhebliche Militanz, Vandalismus, das Schwenken von US-Flaggen und Ausreisegesuche nach Australien haben der Glaubwürdigkeit der Proteste geschadet. Gleichzeitig verdichten sich die Hinweise auf Einflussnahme durch die USA.
In der Global Times, der Zeitung der KP Chinas, werden die Demonstrationen als soziale Proteste gewertet. Carrie Lam, die Regierungschefin von Hongkong, hat - entsprechend dieser Lesart - einen Vierjahresplan zur ökonomischen Weiterentwicklung der Stadt verkündet.
Wer wissen möchte, wie das offizielle China Deutschland (nach dem Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Peking) sieht, sollte ebenfalls einen Blick in die Global Times werfen.

Indien: Die Wirtschaft des Subkontinents stottert jetzt schon ein Jahr lang vor sich hin - mit der höchsten Arbeitslosigkeit seit 45 Jahren. Es gibt Anzeichen dafür, dass es sich nicht nur um eine zyklische Abkühlung handelt. Steuererleichterungen für Unternehmen werden die Investitionsschwäche aber ganz sicher nicht beheben.
India’s high growth previously had been running on the twin engines of government spending and private consumption. These two engines more than made up for weak activity in the two other levers, investment and exports, for some time.
Textbook economics says that growth should be led by investment, not consumption. Another structural weakness is India’s bad-loan mess, also known as NPAs [non-performing assets], which are now the world’s largest, as a proportion of GDP.
A persistently flat farm-income growth looks like another structural driver of the current slowdown.
Indonesien: Joko Widodo plant, die Hauptstadt Indonesiens von der dicht besiedelten Insel Java in den Osten der vergleichsweise wenig entwickelten Insel Kalimantan ("Borneo") zu verlegen. Welche politischen Gründe (und Implikationen) dieser Schritt haben dürfte, erläutert die Asia Times. Länder wie etwa Brasilien (Brasilia) oder Nigeria (Abuja) sind diesen Weg schon gegangen. Die neue Hauptstadt soll in der geographischen Mitte der Inselrepublik liegen.

Palästina: "Existiert noch eine Wirtschaft?", fragt der Freitag. Die Zerstörung der palästinensischen Wirtschaft bezwecke, die Besatzung unumkehrbar zu machen, gibt die Havard-Ökonomin Sara Roy zu bedenken. Hat tip Ina Zeuch

Landwirtschaft: Eine Studie der Universität in Stockholm kommt zu dem Schluss, dass mangelnde Kenntnisse über die Versorgungskette bei Phosphat (ein unersetzlicher Planzendünger) die Ernährungssicherung gefährden können. Die mit Abstand größten bekannten Reserven dieses Rohstoffs liegen übrigens in der von Marokko besetzten Westsahara. Wer sich für das Thema interessiert, kann auch einen Blick in den Rohstoffbrief der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe werfen..

Klimawandel: Einen kompetenten Artikel über Fort- und Rückschritte bei der "Großen Grünen Mauer" im Sahel hat Telepolis im Angebot.
Und? Schon Mal was vom Blob gehört? Das ist eine Hitzeanomalie der Meeresoberfläche des Nordpazifik vor den Küsten der USA und Kanadas (Spektrum der Wissenschaft). Wie El Ninjo scheint der nun zu einem regelmäßig wiederkehrenden Großwetterphänomenen der neuen Heißzeit zu werden - allerdings ist der Blob ein ziemlich tödliches Phänomen (Sciencealert):
It was nicknamed the Blob, after a horror film monster that consumes everything in sight. The heatwave, which lasted for several years, was an equally indiscriminate killer.
According to estimates, (...) the southern coast of Alaska lost more than 100 million Pacific cod. Thousands of seabirds were found washed up on the shore, and about half a million were decimated in total. In one year alone, populations of humpback whales dropped by 30 percent. Salmon, sea lions, krill, and other marine animals also vanished in astonishing numbers, as toxic algae bloomed.
The Blob caused ecosystems and industries alike immense losses - so much so that researchers from the US National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) are now closely tracking these events.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen