Ein Gastbeitrag von Ina Zeuch
aus dem Hügelland südlich von Hebron (South Hebron Hills).
Dkaika liegt im äußersten Süden des Westjordanlands, ganz am Rande der South Hebron Hills in Area C, die unter vollständiger israelischer Kontrolle steht. In unmittelbarer Nähe befindet sich die Grüne Linie, die Waffenstillstandsgrenze von 1949, die heute international als Grenze zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten anerkannt wird. Die Trennbarriere wurde hier noch nicht gebaut, an vielen anderen Stellen der Westbank schneidet sie als Mauer oder Zaun tief in palästinensisches Gebiet ein. Und auch die geplante Grenzbefestigung nahe Dkaika würde nicht der Grünen Linie folgen (siehe Karte). Obwohl das Dorf nur ungefähr 30 km von unserer Basis in Yatta entfernt liegt, benötigen wir mit unserem Fahrer mehr als 40 Minuten dorthin, das letzte Stück ist Piste und das allerletzte Stück gehen wir zu Fuß.
Wir besuchen die Schule von Dkaika, die zuletzt 2011 zerstört wurde. Schon von weitem kann man sehen, wie verwundbar die Schule und das ganze Dorf gelegen sind. 56 Schüler – Jungen wie Mädchen – besuchen hier die Grundschule, sie alle kommen unmittelbar aus den umliegenden Hütten und Häusern. Die israelische Armee kommt zwei bis drei Mal pro Woche ins Dorf und macht auf die anstehende Zerstörung aufmerksam. Das erzählt uns der Direktor der Schule. Er wohnt wie wir in Yatta, der nächstgrößeren Stadt, die in Area A liegt. Er spricht regelmäßig mit den Soldaten. „Ich frage sie immer, ob palästinensische Kinder nicht auch wie israelische Kinder ein Anrecht auf Schulbildung haben.“ (Area A ist palästinensisch kontrolliert, doch nur etwa 22 Prozent des Gebiets der Westbank gehören zur Area A.)
Niemand in Dkaika hat eine von der israelischen Regierung anerkannte Besitzurkunde für das Land, deshalb haben laut der Lehrer alle im Dorf eine sogenannte demolition order, eine Abrissverfügung. Einige Demolition Orders sind sogenannte ‚pending cases‘, ausstehende Fälle, die vor dem Obersten Gerichtshof Israels noch abschließend verhandelt werden müssen. Das kann unter Umständen Jahre dauern, je nachdem welche Priorität das zu konfiszierende Land für die israelische Regierung hat.
„Wir siedelten hier bereits vor der britischen Mandatszeit“, die von 1922-1948 dauerte, erklärt uns der Direktor der Schule. Aber alle wollen bleiben und lehnen eine Umsiedelung ab, weil sie das Land dann für immer verlieren würden. Das ist ihre Form von Widerstand. „Wir werden hier außerdem von Drohnen des israelischen Militärs überwacht, die jede weitere Bautätigkeit im Dorf filmen. Unsere Kinder haben große Angst vor diesen Flugobjekten“, erzählt einer der Lehrer uns.
Nach dem Meeting in der Schule laufen wir etwas bedrückt zwischen den Hütten dem Ausgang zu, wo wir einer jungen palästinensischen Sozialarbeiterin des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNWRA) mit exzellenten Englischkenntnissen über den Weg laufen. Sie sucht den Kontakt zu denjenigen Familien, die ihre Töchter lieber zu Hause behalten und versucht sie zu motivieren, dass sie wieder in die Schule kommen. Ein bis zwei Mal im Monat besucht sie die Familien und wir hoffen, dass wir sie bei unserem nächsten geplanten Besuch wiedersehen werden. „Falls wir dann immer noch hier sind und nicht schon abgerissen…“, verabschiedet sie sich ironisch lachend. Ein bitterer Witz!
Am Ende des langgestreckten Dorfes, in dem bis zu 150 Menschen wohnen, lädt uns Ahmad zum Tee ein. Er studiert Journalismus. Wir können uns kaum vorstellen, wie beschwerlich es sein muss, von hier – das uns wie das Ende der Welt erscheint – zur nächsten Universität zu kommen und die Mittel aufzubringen, ein solches Studium zu absolvieren. Das wirkt auf uns wie ein Zeichen der Hoffnung.
Zwei kleine Lämmer kommen in den fast kahlen Raum, wo wir uns zum Tee niedergelassen haben und Ahmads Mutter lädt uns einschließlich der Fahrer zum Mittagessen ein, was wir aus terminlichen Gründen leider ablehnen müssen. Sie hofft, dass wir beim nächsten Mal zum Essen bleiben können. Die Gastfreundschaft hier ist einfach überwältigend.
Der Beitrag ist zuerst im Netzerk des Ökumenischen Begleitprogramms in Palästina und Israel (EAPPI) erschienen.
aus dem Hügelland südlich von Hebron (South Hebron Hills).
Dkaika liegt im äußersten Süden des Westjordanlands, ganz am Rande der South Hebron Hills in Area C, die unter vollständiger israelischer Kontrolle steht. In unmittelbarer Nähe befindet sich die Grüne Linie, die Waffenstillstandsgrenze von 1949, die heute international als Grenze zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten anerkannt wird. Die Trennbarriere wurde hier noch nicht gebaut, an vielen anderen Stellen der Westbank schneidet sie als Mauer oder Zaun tief in palästinensisches Gebiet ein. Und auch die geplante Grenzbefestigung nahe Dkaika würde nicht der Grünen Linie folgen (siehe Karte). Obwohl das Dorf nur ungefähr 30 km von unserer Basis in Yatta entfernt liegt, benötigen wir mit unserem Fahrer mehr als 40 Minuten dorthin, das letzte Stück ist Piste und das allerletzte Stück gehen wir zu Fuß.
Wir besuchen die Schule von Dkaika, die zuletzt 2011 zerstört wurde. Schon von weitem kann man sehen, wie verwundbar die Schule und das ganze Dorf gelegen sind. 56 Schüler – Jungen wie Mädchen – besuchen hier die Grundschule, sie alle kommen unmittelbar aus den umliegenden Hütten und Häusern. Die israelische Armee kommt zwei bis drei Mal pro Woche ins Dorf und macht auf die anstehende Zerstörung aufmerksam. Das erzählt uns der Direktor der Schule. Er wohnt wie wir in Yatta, der nächstgrößeren Stadt, die in Area A liegt. Er spricht regelmäßig mit den Soldaten. „Ich frage sie immer, ob palästinensische Kinder nicht auch wie israelische Kinder ein Anrecht auf Schulbildung haben.“ (Area A ist palästinensisch kontrolliert, doch nur etwa 22 Prozent des Gebiets der Westbank gehören zur Area A.)
Niemand in Dkaika hat eine von der israelischen Regierung anerkannte Besitzurkunde für das Land, deshalb haben laut der Lehrer alle im Dorf eine sogenannte demolition order, eine Abrissverfügung. Einige Demolition Orders sind sogenannte ‚pending cases‘, ausstehende Fälle, die vor dem Obersten Gerichtshof Israels noch abschließend verhandelt werden müssen. Das kann unter Umständen Jahre dauern, je nachdem welche Priorität das zu konfiszierende Land für die israelische Regierung hat.
„Wir siedelten hier bereits vor der britischen Mandatszeit“, die von 1922-1948 dauerte, erklärt uns der Direktor der Schule. Aber alle wollen bleiben und lehnen eine Umsiedelung ab, weil sie das Land dann für immer verlieren würden. Das ist ihre Form von Widerstand. „Wir werden hier außerdem von Drohnen des israelischen Militärs überwacht, die jede weitere Bautätigkeit im Dorf filmen. Unsere Kinder haben große Angst vor diesen Flugobjekten“, erzählt einer der Lehrer uns.
Nach dem Meeting in der Schule laufen wir etwas bedrückt zwischen den Hütten dem Ausgang zu, wo wir einer jungen palästinensischen Sozialarbeiterin des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNWRA) mit exzellenten Englischkenntnissen über den Weg laufen. Sie sucht den Kontakt zu denjenigen Familien, die ihre Töchter lieber zu Hause behalten und versucht sie zu motivieren, dass sie wieder in die Schule kommen. Ein bis zwei Mal im Monat besucht sie die Familien und wir hoffen, dass wir sie bei unserem nächsten geplanten Besuch wiedersehen werden. „Falls wir dann immer noch hier sind und nicht schon abgerissen…“, verabschiedet sie sich ironisch lachend. Ein bitterer Witz!
Am Ende des langgestreckten Dorfes, in dem bis zu 150 Menschen wohnen, lädt uns Ahmad zum Tee ein. Er studiert Journalismus. Wir können uns kaum vorstellen, wie beschwerlich es sein muss, von hier – das uns wie das Ende der Welt erscheint – zur nächsten Universität zu kommen und die Mittel aufzubringen, ein solches Studium zu absolvieren. Das wirkt auf uns wie ein Zeichen der Hoffnung.
Zwei kleine Lämmer kommen in den fast kahlen Raum, wo wir uns zum Tee niedergelassen haben und Ahmads Mutter lädt uns einschließlich der Fahrer zum Mittagessen ein, was wir aus terminlichen Gründen leider ablehnen müssen. Sie hofft, dass wir beim nächsten Mal zum Essen bleiben können. Die Gastfreundschaft hier ist einfach überwältigend.
Der Beitrag ist zuerst im Netzerk des Ökumenischen Begleitprogramms in Palästina und Israel (EAPPI) erschienen.
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