Samstag, 15. März 2014

Schafft ein, zwei, viele Ukraine?

Innovation statt Intervention als Mittel der Außenpolitik fordert die Zeit. Es ist begrüßenswert, wenn kompetent daran erinnert wird, dass Militäreinsätze beileibe kein Garant für das Erreichen außenpolitischer Zielsetzungen oder gar für Frieden sind. Doch hier wird nur die Fortsetzung des Strebens nach globaler Dominanz - wenn auch mit anderen Mitteln - als Alternative zur Diskussion gestellt. Das liest sich dann so:
Stattdessen sollte die deutsche Politik gewaltlose Demokratiebewegungen unterstützen, die sich die dauerhafte Transformation staatlicher und gesellschaftlicher Strukturen zum Ziel gesetzt haben. Dafür brauchen sie Geld, Schutz und Parteinahme auf höchster Ebene.
Genannt werden ausdrücklich Serbien, Georgien, die Ukraine und Ägypten. Den Demokratiebewegungen in diesen vier Ländern werden pauschal "außergewöhnliche Chancen" unterstellt, die sie für die dauerhafte Stabilisierung und Entwicklung der jeweiligen Länder gehabt hätten. Syrien - wo zunächst auch eine friedliche Arabellion stattgefunden hatte - wird in dem Artikel wohlweislich nicht erwähnt. Auch Venezuela kommt nicht vor.*

MediaWatch ist alarmiert über diese Argumentationslinie, weil sich gezielte und massive Investitionen in zivilgesellschaftliche Organisationen zwecks Umsturz unliebsamer Regierungen so leicht als Demokratieförderung tarnen lassen. Das aber wäre nach dem Scheitern des humantären Begründungsversuchs nur eine weitere Verschleierungstaktik. Mit ziviler Konfliktbearbeitung hat das jedenfalls nicht zu tun, auch wenn sich die Zeit ausdrücklich auf ein Mittel der klassischen Entwicklungszusammenarbeit, nämlich den "Aufbau rechtsstaatlicher Institutionen" beruft.

Deshalb:
  • Der Verzicht auf physische (militärische) Gewalt bedeutet keineswegs, dass die Politik friedlich ist und die Zwecke es sind, die sie verfolgt.
  • Der Verzicht auf physische Gewalt bedeutet nicht, dass dies auch im weiteren Verlauf der Entwicklung so bleibt. Dort, wo "gewaltlose Demokratiebewegungen" sich durchgesetzt haben, waren sie oft von erheblicher Militanz begleitet und/oder zogen den Einsatz militärischer Mittel nach sich. 
Lediglich auf den Einsatz von militärischer Gewalt zu verzichten, ist kein Ersatz für eine Außenpolitik, die Augenhöhe und ehrlichen partnerschaftlichen Umgang anstrebt. Und nur unter solchen Voraussetzung - und in einem angemessenen Rahmen - den eigenen Vorteil sucht. Zu einer solchen Außenpolitik kann es unter Umständen sogar auch gehören, mitzuhelfen, gewaltförmig verlaufende Konflikte in Afrika mit speziell ausgebildeten SoldatInnen einzudämmen. (Und das wäre dann auch wirklich Mal einen Orden wert.) Doch darüber, ob jemals so viel Vertrauen in die Lauterkeit der Motive unserer Eliten möglich sein wird, dass ein solcher Auslandseinsatz auch breiter Unterstützung wert wäre, darüber wagt MediaWatch hier nicht zu spekulieren.

* Selbstverständlich ist MediaWatch bekannt, dass die Proteste in Venezuela ganz wesentlich wirtschaftliche Ursachen haben. Doch der gescheiterte Putschversuch 2002 hat zur Aufmerksamkeit gemahnt (1), (2).

1 Kommentar:

  1. Siehe auch Zunzuneo in Kuba (G-News dt.). Pikant daran ist: Es war USAID, die den das Soziale Netzwerk "unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe" (FAZ) hat entwickeln lassen. Kostenpunkt: 1,6 Mio. US-Dollar.

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