Freitag, 15. März 2013

Menschenwürdiger Aufenthaltsstatus in Deutschland

Im Verlauf des letzten Jahres ist eine veritable Protestbewegung von Menschen ohne rechtlich gesicherten Aufenthaltsstatus entstanden. Diese haben mit zum Teil spektakulären Protestaktionen auf sich aufmerksam gemacht und bundesweit Aufmerksamkeit erlangt.

Es ist deshalb dringend an der Zeit, diese Bemühungen um Menschenrechte auch im MediaWatchBlog vorzustellen.
Erfreulicherweise verfügt Zeit Online über einen Blog zum Geschehen. Die 10 zentralen Forderungen der Flüchtlinge in Berlin sind hier wiedergegeben:
1- Ein menschenwürdiger Aufenthaltsstatus in Deutschland
Ohne Aufenthaltserlaubnis und im Unwissen darüber, was in der Zukunft geschehen wird, im Heim zu leben, nimmt uns jegliche Möglichkeit, uns weiterzuentwickeln. (...) Die erste Forderung eines jeden Flüchtlings ist das Ende des Unwissens und das Erlangen der Aufenthaltserlaubnis. Wir (...) fordern, dass unsere Akten so schnell wie möglich bearbeitet werden und uns die Aufenthaltserlaubnis in Deutschland gewährt wird.
2- Deutsche Staatsangehörigkeit für in Flüchtlingsheimen geborene Kinder
Kinder, die während der Bearbeitungszeit der Akten ihrer Eltern im Heim geboren werden, beginnen von Anfang an ein Leben in Ungewissheit. Trotz der Geburt in Deutschland müssen die Kinder einen gesonderten Prozess zur Asylanerkennung durchlaufen. So ist die kritischste Phase ihres Lebens geprägt von Sorgen und
Unruhe. Wir fordern die deutsche Staatsangehörigkeit für alle Kinder, die während des Asylverfahrens ihrer Eltern im Flüchtlingsheim geboren werden. (...)

3- Abschiebestopp
Wir denken, dass die Entscheidung wo jemand leben möchte ein Grundrecht für alle Menschen sein sollte. Abschiebungen verletzen dieses universelle Recht, da sie meist auf politischen oder ökonomischen Verein-barungen zwischen den Regierungen, der Länder in die sie abgeschoben werden sollen und den abschiebenden Ländern beruhen. Jede Abschiebung ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
4- Bewegungsfreiheit: Abschaffung der Begrenzung des erlaubten Aufenthaltsbereichs von von Asylsuchenden auf einen Landkreis
Wir werden in einzelnen Landkreisen isoliert, während wir in einem Land leben, das mit vielen anderen Ländern in Europa keinen Grenzen hat. Die systematische Isolierung der Asylsuchenden betrachten wir als unmenschlich und grausam.

5- Abschaffung der Asylheime
Was bedeutet das Asylheim? Was bedeutet es, außer dass die Asylsuchenden von Mauern und Wänden umgeben werden? Es sind Wände, die uns vom sozialen Leben trennen. Wir fordern die Abschaffung aller Asylheime, sowie aufzugeben, eine solche Situation für sie überhaupt schaffen zu wollen.

6- Verkürzung des Asylverfahrens
Jede_r von uns wartet schon seit langer Zeit auf Antwort auf den Asylantrag. Wir haben bis jetzt nur selten eine Antwort bekommen. Wir betrachten diese Wartezeit als eine Form von seelischer Folter und fordern eine angemessene und bekannte Zeit, in der die Anträge der Asylsuchenden, d.h. Hilfesuchenden, beant-wortet werden.

7- Essenspakete
Wir denken, dass jeder erwachsene Mensch für sich selbst entscheiden kann und soll, was er wann essen möchte. Essenspakete zu bekommen, verstößt gegen die Mindestrechte eines Menschen und entmündigt uns. Wir fordern dringendst, uns selbst zu überlassen, was wir essen möchten.

8- Arbeitserlaubnis
“Die Asylsuchenden sind zu nichts nutze!” So denkt man aufgrund der Berichterstattung der deutschen Medien über Flüchtlinge. Wir fordern, den Geflüchteten sofort nach Ankunft in Deutschland eine Arbeitsgenehmigung zu gewähren, damit sie unabhängig von staatlichem Unterhalt ihr Leben gestalten können.

9- Sprachkurse
Dass es keine Möglichkeit gibt, als Asylsuchende_r die deutsche Sprache zu erlernen, gehört auch zu dieser SYSTEMATISCHEN Form der Isolation der Nicht-Deutschen. Es ist unser Recht, die Möglichkeit zu haben, die deutsche Sprache zu erlernen.

10- Selbstständige Wahl des Wohnortes
Es ist in Deutschland unmöglich, als Gefl üchtete_r für sich selbst zu entscheiden, wo man leben möchte. Und selbst dann sogar, wenn die eigene Familie in einem anderem Bundesgebiet lebt! Wir fordern: Überlasst bitte solche Entscheidungen den Asylsuchenden selbst! (...)
Hier noch eine Übersicht über die Proteste der letzten Monate. Sie stammt aus der Pressemappe des Refugee Congress in München, der vom 1. bis zum 3. März stattfand. Daraus wird auch ersichtlich, dass die Protestierenden keine radikalisierte Minderheit sind, sondern Leute, die um ihre grundlegenden Menschenrechte kämpfen und dafür auch durchaus das Gespräch mit deutschenPolitikerInnen suchen.

19.3. - 8.9. Refugee Tent Action
19. März 2012 Platzhalterleweiß Beginn des Protestcamps in Würzburg, ausgelöst durch einen weiteren Selbstmord eines Geflüchteten, diesmal von Mohammad Rahsepar am 29. Januar 2012 im Würzburger Flüchtlingslager
seit Juli 2012 Ausweitung der Protestcamp-Bewegung auf Aub, Bamberg, Berlin, Düsseldorf, Nürnberg, Passau und Regensburg
8.9.– 6.10. Refugee Protest March from Würzburg to Berlin
8. September Demonstration in Würzburg, vom dortigen Protestcamp aus durch die Innenstadt, ca. 500 TeilnehmerInnen; Start des Protestmarsches
18. September Demonstration in Erfurt, u.a. vorm Thüringer Landtag, ca. 300 Teilnehmer_innen
24. September Demonstration in Leipzig, ca. 500 Teilnehmer_innen
5. Oktober Demonstration von Potsdam über die Glienicker Brücke nach Berlin-Dahlem, ca. 500 TeilnehmerInnen
6. Oktober Ankunft am Protestcamp am Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg; seitdem Aktionen in Berlin
13. Oktober Demonstration „Refugee Protest March Welcome to Berlin“ mit ca. 6.000 Teilnehmer_innen
15. Oktober Besetzung der nigerianischen Botschaft und anschließende Solidaritätsdemonstration
24. Oktober Hungerstreik und neues Protestcamp vor dem Brandenburger Tor
1. November Gespräch mit Maria Böhmer, Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung, und Berlins Integrationssenatorin Dilek Kolat
22. November Gespräch mit dem Innenausschuss im Dt. Bundestag
1. Dezember Demo gegen die Innenminister_innen Konferenz in Rostock
2. Dezember Ende des Hungerstreiks
8. Dezember Besetzung einer ehemaligen Schule in Berlin Kreuzberg
seit Januar 2013 Demonstrationen u.a. vor den Botschaften mehrerer Staaten gegen Abschiebeabkommen mit der deutschen Regierung und gegen das Schüren militärischer Konflikte als Produktion neuer Fluchtgründe


Über die Republik verteilt - mit Schwerpunkt Süddeutschland bestanden (und bestehen noch in Berlin) folgende Protestcamps:

Würzburg 19. März – 8. September 2012 gustreik.blogsport.eu
Bamberg 2. Juli – 8. September 2012 fluechtlinge-bayerns.com
Aub 3. Juli – 8. September 2012 asylaub.wordpress.com
Regensburg 11. Juli – 8. September 2012 strikeregensburg.wordpress.com
Düsseldorf 16. Juli – 3. September 2012 refugee-resist-duesseldorf.de
Berlin seit 4. August 2012, besteht weiterhin asylstrikeberlin.wordpress.com
Passau 10. August – 16. Oktober 2012 protestcamp-passau.tk
Nürnberg 11. August – 8. September 2012 strikenuernberg.wordpress.com


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