Mittwoch, 28. November 2012

Mischfinanzierung verzerrt Entwicklungsetat

MediaWatch erlaubt sich in diesem Posting etwas, was hier sonst nicht üblich ist. Um einen wichtigen Hinweis über aktuelle Tendenzen im Entwicklungshilfe-Etat an unsere LeserInnen weiterzuverbreiten, geben wir hier ausgewählte und leicht gekürzte Passagen aus dem 20 Bericht "Die Wirklichkeit der Entwicklungspolitik" (2. Teil) unkommentiert wieder:
Seit dem Regierungswechsel 2009 nutzt das BMZ in wachsendem Umfang unterschiedliche Formen der Mischfinanzierung. Darunter ist vor allem die Koppelung von Haushaltsmitteln des BMZ und Krediten zu Marktkonditionen der KfW Entwicklungsbank zu verstehen. Besonders beliebt ist das Instrument der Zinssubventionierten Darlehen: Bei diesem Instrument erhält die Regierung des jeweiligen Kooperationslandes einen Kredit aus KfW-Marktmitteln, dessen Zinssatz durch BMZ-Zuschüsse soweit unter das Marktniveau gesenkt wird, dass der gesamt Kredit als ODA anrechenbar ist.

Insgesamt hat das BMZ für 2013 Zuschüsse für Zinssubventionen in Höhe von 380 Millionen Euro eingeplant Dies kann zu einem Gesamtzusagevolumen von etwa 2,4 Milliarden Euro führen, das vollständig ODA-anrechenbar ist. Die zunehmende Mischung von Haushaltsmitteln des BMZ mit Geldern privater Kapitalgeber ist (...) mit einer Reihe gravierender Risiken und Nebenwirkungen verbunden:

- Schwerpunktverlagerung aus „unrentablen“ Sektoren:
Mischfinanzierung ist in erster Linie für Investitionsvorhaben im Infrastrukturbereich gedacht, die auf die Dauer profitabel sind. Bei stagnierendem BMZ-Etat und gleichzeitiger Aufstockung der Haushaltsmittel für die Mischfinanzierung kann dies zu einem Abzug von Mitteln aus „unrentablen“ Sektoren führen. 
- Reduzierung der Mittel für die armen Länder:
Mischfinanzierung ist laut BMZ ein Instrument für Schwellen- und Transformationsländer sowie „fortgeschrittenere Entwicklungsländer“. Zu befürchten ist daher, dass (...) der Finanzierungsspielraum zur Unterstützung der ärmsten Länder schrumpft.

- Erhöhung von Auslandsverschuldung und Exportabhängigkeit:
Jedes Darlehen ausländischer Gläubiger erhöht die Auslandsverschuldung und damit den Zwang, Devisen zu erwirtschaften. Selbst profitable Investitionsvorhaben, etwa zum Aufbau eines öffentlichen Nahverkehrssystems, erwirtschaften aber nicht automatisch ausländische Devisen. Dies ist nur möglich, wenn verstärkt für den Export produziert wird. Dies erhöht die Exportabhängigkeit und kann den Aufbau einheimischer Märkte konterkarieren.
(...)

- Strohfeuereffekt für die ODA:
Durch die Hebelwirkung der Mischfinanzierung können die ODA-anrechenbaren Mittel kurzfristig massiv gesteigert werden. Sobald die Kredite getilgt werden, werden die rückgezahlten Beträge jedoch wieder von der ODA abgezogen. Langfristig brechen die ODA-Zahlen und die ODA-Quote wieder ein, sofern die Rückzahlungen nicht permanent durch Neukredite kompensiert werden. Aus diesem Grund ist denkbar, dass Deutschland bis 2015 das 0,7-Prozentziel „auf Pump“ erreicht, aber die Finanzblase platzt, sobald die Tilgungsperioden einsetzen.

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