Dienstag, 13. September 2011

Bruttoinlandsglück

"Können wir das Bruttoinlandsglück steigern?" wird beim Project Syndicate gefragt. Und was dort zu lesen ist, erfüllt uns mit tiefer Freude:
In Bhutan gibt es eine Kommission für Bruttoinlandsglück unter dem Vorsitz des Premierministers, die alle politischen Vorschläge der Ministerien bewertet. Stimmt eine Maßnahme offensichtlich nicht mit dem Ziel der Förderung des Bruttoinlandsglücks überein, wird sie zur erneuten Überprüfung an das Ministerium zurückgesandt. Ohne die Zustimmung der Kommission kann sie nicht umgesetzt werden.
Es besteht also Hoffnung. Diese Vorgehensweise möchten wir nicht nur allen Entwicklungsländern dringendst zur Nachahmung empfehlen.

Die (nicht völlig) überraschende Antwort auf die Frage nach einem gesteigerten (nota bene: nicht wachsenden) Bruttoinlandsglück lautet denn auch: Ja, es geht. Aber die Antwort steht nicht beim Project Syndicate, sondern ganz woanders. "A more progressive tax system makes people happier" haben Wissenschaftler in einem Vergleich über 54 (!) Länder festgestellt. (Hat tip Nachdenkseiten.) Die Ergebnisse hat Science Daily zusammengefasst. Dort lernen wir, dass sich die Zufriedenheit einer Bevölkerung sogar proportional zur steuerlichen Progression zunimmt:
"The more progressive the tax policy is, the happier the citizens are," says University of Virginia psychologist Shigehiro Oishi.
Wer von Euch/Ihnen, werte LeserInnen, hätte das gedacht?

Das Problem dabei ist natürlich die Frage "Was ist Glück?", dicht gefolgt von dem Seufzer "Und wie kann man dies tolle Gefühl in einen Fragebogen für eine Statistik umsetzen?"
The researchers analyzed the relationship between tax progressivity and personal well-being in 54 nations surveyed by the Gallup Organization in 2007 -- a total of 59,634 respondents. Well-being was expressed in people's assessments of their overall life quality, from "worst" to "best possible life," on a scale of 1 to 10; and in whether they enjoyed positive daily experiences (such as smiling, being treated with respect, and eating good food) or suffered negative ones, including sadness, worry, and shame. Finally, the analysis looked at the participants' satisfaction with their nation's public goods, from schools to clean air.
Beim Steuersystem ist das (leider nur etwas) einfacher:
The degree of progressivity was measured by the difference between the highest and lowest tax rates, corrected for such confounding factors as family size, social security taxes paid, and tax benefits received by individuals.

Bleibt noch zu vermerken, dass Entwicklungsländer grundsätzlich nicht über ausreichend leistungsfähige Steuersysteme verfügen und deshalb ihren den Wohlstand nicht hinreichend umverteilen und angemessene staatliche Leistungen anbieten können.

Einen klasse Überblick zum Thema hat das Global Policy Forum vorgelegt: "Folgen von Kapitalflucht und Steuerhinterziehung für die Länder des Südens - und was dagegen zu tun ist". Und beim DIE gibt es entwicklungspolitisches Forschungsprojekt das in eine ähnliche Richtung stößt: "Steuern, fiskalische Dezentralisierung und soziale Kohäsion in Peru ".

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