Was an der aktuellen Veröffentlichung von wikileaks zum Geschehen im Irak zwischen 2005 und 2009 auffällt, ist, dass viele Zeitungen sich erst garnicht mehr die Mühe machen, auf die Inhalte solcher Dokumente einzugehen. Nachrichtlich wird natürlich das Nötige getan, in den Kommentaren dreht es sich aber zunehmend um Meta-Fragen, des Geheimnisverrats und dessen Folgen.
"Das Enthüllungsportal Wikileaks hat wieder hunderttausende Seiten geheimer Dokumente in Netz gestellt. Eine Datenflut, an die sich die Regierenden und wir alle gewöhnen sollten", empfiehlt etwa der Tagesspiegel.
"Was geheim bleibt, ist neu auszuhandeln", behauptet dagegen die FR. Der Kommentar ist besonders problematisch, weil er so tut, als bestünde für die Whistleblower (und für wikileaks) kein Risiko.
"WikiLeaks verbreitet vor allem seine eigene Wahrheit", lautet der absurde Vorwurf der Welt: "Fast 400.000 Dokumente zeichnen ein dramatisches Kriegsbild. Dahinter stecken nicht nur hehre Ziele, sondern eine politische Agenda."
Manche befassen sich auch lieber mit der Person von Julian Assange, dem Gründer von wilileaks, als sich mit den unappetitlichen Details des westlichen Eingreifens im Irak auseinanderzusetzen: „Der gefährlichste Mann der Welt“, befindet das Handelsblatt und die Welt peppt ihn im Bild-Stil als "Geliebten Verräter" auf, der es "genießt, im Rampenlich zu stehen". "Von messianischem Eifer" ist bei der Süddeutschen zu lesen, die Assange verdächtigt, dass es ihm "nicht nur um die Wahrheit" gehe. "Assange feiert seine Auferstehung", so Spiegel Online in dem Special über die 400.000 Dokumente, die der Verlag zu unbekannten Bedingungen exklusiv von wikileaks übernommen hat."Schafft es Julian Assange, seinen Ruf zu retten?", wird dann gefragt als ob der eigene in Bezug auf wikileaks nicht mit dran hinge.
Nachrichtlich steht bei den meisten deutschsprachigen Medien im Internet die Belege für Folter und die hohen Opferzahlen im Vordergrund. Einige Veröffentlichungen befassen sich auch mit möglichen Auswirkungen auf die aktuelle Lage im Irak und die Frage strafrechtlicher Verfolgung (G-News dt.)
Wer mehr wissen will, wird (wie so oft) auf ausländische Quellen angewiesen bleiben: Die New York Times hat einen ähnlichen Weg wie der Spiegel gewählt, aber die Darstellungen im Guardian sind detaillierter und beziehen sich auf einzelne Ereignisse. Ergänzende Themen, die auch bei den Briten unerwähnt bleiben, bietet etwa Aljazeera: "Files show al-Qaeda's grip on Iraq", "Nouri al-Maliki's 'detention squad'", "Iraq files reveal checkpoint deaths" und weitere...
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Fox News fordert, dass Washington wikileaks jetzt als "feindliche Kämpfer" einstuft (telepolis).
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