Sonntag, 30. August 2009

Zensur auf Anfrage?

Die taz ist stolz darauf, dass ihre Hinweise dazu geführt haben, dass ein in Saarbrücken beheimateter Provider die Website der ruandischen Hutu Milizen vom Netz genommen hat. Die Aktivisten der FDLR werden so gezwungen, sich einen neuen Provider - vielleicht außerhalb Deutschlands - zu suchen.

Mediawatchblog bezweifelt weder die guten Absichten der taz, noch halten wir die Veröffentlichungen der FDLR ("Demokratische Kräfte für die Befreiung von Ruanda") für besonders schützenswert. Immerhin haben diese Leute einen Völkermord mitorganisiert.

Doch es gibt zu denken, wenn schon unspezifischer Druck von nicht-offizieller Seite ausreicht, um Inhalte von Servern in Deutschland verschwinden zu lassen. Und es führt in eine - gelinde gesagt - schwierige und unübersichtliche Situation wenn Inhalte vom Netz genommen werden, obwohl sie offensichtlich nicht strafbar sind. De facto läuft eine solche Politik auf demand driven censorship hinaus: Wenn es genug (von Privatleuten organisierte) Nachfrage nach Zensur gibt, wird diese (von Privatunternehmern) umgesetzt. Schöne neue Welt.

Deutlicher: Solange jemand nicht gegen die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland verstößt (zum Beispiel Volksverhetzung, Aufruf zur Ausübung von Gewalt oder Verherrlichung von Gewalt) und Anklage erhoben wird, genießen alle die grundgesetzliche Garantie "Eine Zensur findet nicht statt".

Wer den Verdacht hat, dass bestimmte Informationsangebote ungesetzlich sind, sollte Anzeige erstatten und über den Fortgang oder die Verschleppung der Ermittlungen berichten. Und da reicht es nicht, darauf zu verweisen, dass
"die deutschen Behörden (...) bislang keine Anstalten gemacht [hatten], eine gerichtliche Verfügung zu erwirken, die Webseite abschalten zu lassen."
Die taz erinnert völlig zu Recht daran, dass eine
Resolution des UN-Sicherheitsrats die Mitgliedsstaaten auf[ruft], Maßnahmen in Betracht zu ziehen, um jegliche Form der Unterstützung der FDLR aus ihren Staatsgebieten heraus zu unterbinden.
Sollten deutsche Behörden derartige Maßnahmen nicht "in Betracht ziehen", dann ist das (und die Gründe dafür) gegebenenfalls der Skandal - nicht die Existenz irgendwelcher Websites.

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