Ethiopian Airlines bestellt fünf Langstreckecken-Boeings B777-200LR für 1,3 Mrd. US-Dollar und zwölf Airbusse A350-900 für 2,9 US-Dollar. Mitten in einer Weltwirtschaftskrise. Das meldet nicht nur die Sudan Tribune, sondern auch eine kleine Zahl deutschsprachiger Blätter. Hat tip geht an NET NEWS GLOBAL.
Ok, die Airbusse wollen sie erst in 2017. Und trotzdem. Wo soll das Geld dafür herkommen? Jaja, die Fluggesellschaft ist gut in das westliche Netz eingebunden, fliegt mit modernem Material, bedient als einzige die Ost-West Strecken in Afrika und verfügt über eine Vielzahl an Kooperationen - unter anderem mit der Lufthansa. Aber sie haben in 2008 - nach eigenen Angaben - gerade 54 Millionen US-Dollar Gewinn erwirtschaftet (Report 2007/08, S. 13).
Zahlt Ethiopian Airlines die neuen Flieger in bar? Wenn dafür nämlich ein Kredit über 1.300 Millionen US-Dollar aufgenommen werden muss, reichen die oben genannten 54 Mio. US-Dollar Gewinn in etwa grad noch zur Begleichung der Zinsen. Von Tilgung kann da keine Rede sein. Sollte sich der Gewinn auch verdoppeln, müsste die Airlines immer noch geschätzte 25 Jahre abstottern. Aber in 2017 sollen schon wieder 2.900 Millionen US-Dollar für die Airbusse gestemmt werden? Wie soll das gehen und wie lange sollen die Maschinen in der Luft bleiben, bis sie amortisiert sind? Ethiopian Airlines hat 27 Passagierflugzeuge (davon fünf kleine Fokker) in der Luft aber 35 bestellt. Zum Vergleich: Die Lufthansan betreibt 251 Flieger bei 113 Bestellungen.
Wenn man die Zahlen mit der in 2006 gelaufenen Entschuldung für Äthiopien unter der 1999 gestarteteten HIPC-Initiative vergleicht, werden die Dimensionen offenbar: Damals hat man das ostafrikanische Land um 3.275 Mio. US-Dollar entschuldet (S.72), weil der Staat sonst vielleicht in die Knie gegangen wäre. Und nun soll ausgerechnet Äthiopiens staatliche Fluggesellschaft EADS und vor allem Boeing in der Weltwirtschaftskrise mal eben unter die Arme greifen? Denn auch nur ein moderates Wachstum des Flugverkehrs über den Stand von 2007/08 hinaus ist auf Jahre nicht zu erwarten.
Boeing und Airbus können trotzdem beruhigt sein - Ethiopian Airways ist zu 100 Prozent in Staatsbesitz. (Warum schreit hier eigentlich niemand nach Privatisierung? Vgl. etwa Kenya Airways, die übrigens Verluste schreiben.) In Zweifelsfall werden die Flugzeugbauer ihr Geld also bekommen. Aber (doch hoffentlich) wohl nicht aus den Taschen der äthiopischen Steuerzahler.
In 2007 hat Äthiopien immerhin 1.242 Mio. US-Dollar Entwicklungshilfe erhalten - Geld das dort zur Armutsbekämpfung bestimmt dringend gebraucht wird. Das Land gilt als eines der am wenigsten entwickelten Länder auf der Welt (LDC) und verfügte 2005 über ein geschätztes Bruttonationaleinkommen von 8.819 Mio. US-Dollar (wkipedia für 2005) oder vielleicht auch 22,742 Mio. (Weltbank für 2008).
Es scheint also, als wollte der Norden seinen alten Fehler wiederholen und seine Exporte in die Dritte Welt derart übersteigern, dass diese letztlich nur noch mit Krediten gegenzufinanzieren sind. Und anschließend kommt dann wieder ein Schuldenerlass für den Hunderte von Nichtregierungsorganisationen in Nord und Süd jahrelang erbittert streiten (müssen)?
Oder wird dann letzten Endes doch privatisiert? Bei einer solchen Verschuldung könnte die Fluggesellschaft der Konkurrenz bald wie ein reifer (oder fauler) Apfel in den Schoß fallen. Da reibt sich mancher Mitbewerber vielleicht jetzt schon die Hände.
Sonntag, 2. August 2009
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