In der aktuellen Ausgabe der
LE MONDE diplomatique ist ein guter Artikel
darüber zu lesen, welche Veränderungen Raúl Castro Kuba seit dem
Abtreten seines älteren Bruders Fidel anstrebt. Denn jenseits der
Probleme die Hurrikan Ike verursacht hat, bemüht sich die kubanische
Verwaltung um Modernisierung. Doch ist diese mit erheblichen Risiken
behaftet.
Zwei zentrale Aspekte seien hier hervorgehoben:
Das eine ist die Abschaffung der libreta, der
Bezugsscheinkarte für rationierte Lebensmittel, die vor bald 50 Jahren
eingeführt wurde. Auch wenn sie vielen (…) als Symptom einer chronischen
Mangelwirtschaft erscheint, so galt sie doch ohne Frage als eine
Errungenschaften der Revolution: als ein in Naturalien vergebenes
“garantiertes Grundeinkommen” (…) Raúl Castro hat bereits angekündigt,
dass man sich die flächendeckende Subventionierung von Lebensmitteln für
die Gesamtbevölkerung nicht mehr leisten kann. (…)
Grundsätzlich gilt deshalb die Umstellung (…) hin zu gezielterer
staatlicher Unterstützung für die bedürftigen Teile der Gesellschaft als
beschlossene Sache. Nur sind die sozialen Konsequenzen so weitreichend,
dass unklar ist, wann und wie die Umsetzung in Angriff genommen wird.
Für Millionen von Kubanern dürfte ein ersatzloser Wegfall der libreta kaum zu verkraften sein.
Das zweite große Projekt betrifft die Zukunft des kubanischen Peso:
Die Löhne, so Raúl, müssten endlich wieder so viel Wert
haben, dass die Leute von ihrer Arbeit leben, nicht von dem, was sie
nebenher “organisieren”. Die Überwindung des Währungsdualismus werde für
“so bald wie möglich” angestrebt. Wann dies sein wird, steht freilich
in den Sternen. Die Währungsfrage rührt an die Fundamente der
gegenwärtigen Organisation der Wirtschaft, und auch die Planer in
Havanna können kaum alle Implikationen eines solchen Schrittes
abschätzen. Man wolle, so heißt es derzeit aus offiziellen Kreisen,
zuvor ausreichende Devisenreserven aufbauen (…)
In dem Beitrag werden zudem Belege für eine vorsichtige Öffnung
zusammengetragen. Doch betont der Autor Bert Hoffmann, dass solche
Bemühungen nur ein Anfang sein können. Der Ausgang des Experiments
bleibe ungewiss und hänge nicht zuletzt davon ab, ob die künftige
US-Regierung ihre Haltung gegenüber Kuba ändere. Denn die ständige
Konfrontation mit dem übermächtigen Nachbarn “zementiere mehr” die
bestehenden Verhältnisse anstatt zu einem “Wandel von innen und in
Würde” beizutragen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen