Sonntag, 15. September 2013

Ratschläge für den nächsten Krieg

Die Nachdenkseiten haben noch einmal in aller gebotenen Ausführlichkeit die Probleme aufzeigt, die der Konflikt zwischen den Rechtsgütern in den Menschenrechen (körperliche Unversehrtheit) und im Völkerrecht (staatliche Souveränität) nach sich zieht. Es werden die Methoden beschrieben, derer sich westliche Mächte bedienen, um diese Widersprüche ihren Interessen zunutze zu machen und die Rolle analysiert, die die "Responsibility to Protect" dabei spielt. Sehr lesenswert.
Passend dazu hat die Bundeszentrale für politische Bildung in der Reihe "Aus Politik und Zeitgeschichte" grade eine Ausgabe zu Internationaler Sicherheit herausgegeben.

Völlig unbelastet von derlei Überlegungen zieht dagegen die Zeitschrift Internationale Politik der Deustchen Gesellschaft für Auswärtige Politik (GDAP) Bilanz des Afghanistan Einsatzes: "Lektonen aus dem langen Krieg". Hat tip German-Foreign-Policy.com. Die Autorin Elke Hoff, die bisher sicherheitspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion war, bemüht sich dabei keineswegs, den Eindruck zu vermeiden, dass ihre Ratschläge an die Verantwortlichen künftiger Interventionen gerichtet sind. Dabei macht es ihr auch überhaupt nichts aus, zuzugestehen, dass es beim Afghanistan-Krieg vor allem um Aufstandsbekämpfung gegangen ist und keineswegs um Terror oder gar humanitäre Ziele.

Der Entwicklungspolitik kommt nach Meinung von Hoff dabei eine unterstützende und legitimierende Funktion zu. Wir sollen die zivilmilitärische Zusammenarbeit denn auch ordentlich üben:
Da die Streitkräfte und die zivilen Organisationen bei einer Counterinsurgency-­Mission zwingend aufeinander angewiesen sind, muss dieses Miteinander auch außerhalb von aktuellen Konflikten strategisch unterlegt und geübt werden. (...) Ohne gegenseitiges Verständnis und gemeinsame Handlungsfelder ziviler wie militärischer Organisationen werden wichtige Ressourcen verschwendet.

Wenn wir weiterhin einen Bundesentwicklungsminister im Amt erdulden müssen, der seinen Dienst mit Fallschirmjägerkäppi versieht, ist zu befürchten, dass der auch weiterhin Druck auf die deutschen Hilfsorganisationen ausüben oder zumindest mit Geldmitteln locken wird, damit die sich in zivil-militärischer Zusammenarbeit betätigen.

Recht verquast ist die legitimierende Funktion der EZ dargestellt. Denn wenn es stimmte, dass die Streitkräfte tatsächlich einer "umfassenden parlamentarischen" - und damit öffentlichen - Kontrolle unterstünden, bräuchte man die "Projektbezogenheit" nicht um diese herzustellen.
Damit ein erfolgreicher vernetzter Ansatz in der Aufstandsbekämpfung auch wirklich Sinn macht, ist eine stärkere parlamentarische Beteiligung insbesondere im Bereich der Außenpolitik notwendig. Streitkräfte unterstehen einer umfassenden parlamentarischen Kontrolle; Entwicklungspolitik schafft gerade wegen ihrer Projektbezogenheit ein hohes Maß an parlamentarischer Transparenz (...). Bleibt ein Parlament an dieser Stelle weitestgehend außen vor, dann wird es natürlich sehr schwierig, die Komplexität eines solchen Einsatzes den Wählerinnen und Wählern nachvollziehbar zu erläutern und diese öffentlich zu unterstützen.
Beruhigend ist, dass die BundesbürgerInnen die "Komplexität eines solchen Einsatzes" ohnehin sehr genau nachvollziehen können. Allerdings wird dies bei ihrer Wahlentscheidung heuer wahrscheinlich kaum eine Rolle spielen. Denn nur noch die Linke versichert glaubwürdig, Deutschland nicht an Kriegseinsätzen beteiligen zu wollen - schon gar nicht, wenn das UN-Mandat fehlt. Der Schrödersche Coup von 2002 wird deshalb wohl eine Ausnahme blieben. Die Angst vor  unbotmäßigem Verhalten der WählerInnen und Wähler in dieser Frage ist jedoch mit Händen zu greifen.

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