Kein Zweifel mehr kann allerdings noch daran bestehen, dass der politische Islam einen großen Teil der Früchte erntet, die die DemonstrantInnen vom Tahrir-Platz gesät haben. Die Muslimbrüderschaft und die Salafisten haben zusammen 65 Prozent der Stimmen bei der ersten Runde der Parlamentswahlen errungen. Im Umkehrschluss bedeutet das allerdings auch, dass das Militär und der politische Islam in absehbarer Zeit über ihre (unterschiedlichen) Interessen verhandeln müssen. Vorbild könnte etwa die Entwicklung in der Türkei sein. Gelingt dies nicht, droht eine Situation wie in Pakistan, wo das Militär schon seit vielen Jahren Krieg gegen erhebliche Teile der eigenen Bevölkerung führt.
Wenn man bedenkt, dass die ägyptischen Sicherheitskräfte von amerikanischen Sicherheitsexperten beraten werden, verwundert es auch nicht, dass sie solche Methoden anwenden. (...)
Die jüngsten Mauern verdeutlichen noch einmal auf besorgniserregende Weise, was man schon vorher wusste: Anstatt das Recht aller Ägypter zu beschützen, sich in ihrer Hauptstadt frei bewegen zu können, geht es der ägyptischen Regierung um den Schutz der politischen und wirtschaftlichen Interessen einiger weniger.
Doch hat es auch ein Gutes, dass die Islamisten jetzt Verantwortung übernehmen (müssen): Sie müssen zeigen, dass sie ihre Gesellschaften insgesamt voran bringen können. Wenn sie keine ordentlichen Ergebnisse liefern, könnten sie schnell entzaubert werden. Die Times hat das erkannt (Login erforderlich):
...they [die Islamisten, die Red.] will now have to move beyond the facile slogans of resistance ... and deliver the jobs and services, institutions and rule of law, education and reforms that will enable their peoples to unlock their pent-up potential.
Damit der Einfluss des Iran (mittels der bei den Parlamentschaftswahlen erfolgreichen Salafisten) auf Ägypten nicht überhand nimmt, müssten die Liberalen mit der Muslimbruderschaft kooperieren, meint das Project Syndicate: "Egypt's salafi Challenge".
AntwortenLöschen