Karatschi droht zum Beirut Südasiens zu werden, wenn die Regierung nicht aufwacht, warnt die Eurasia Review. Doch die Gewalt hat die Stadt schon lange fest im Griff:
(...) a total of 453 persons have been killed in Karachi in incidents connected with a range of armed non-state actors, over the last six months. These include 378 are civilians, 36 Security Force personnel and 38 militants. In addition, the Karachi Chapter of the Human Rights Commission of Pakistan (HRCP), records a total of 1,138 killings, including a range of criminal and ‘target’ killings, between January and June 2011.Und auch in 2010 war es kaum besser:
(...) during 2010, at least 705 people, including 488 political and religious leaders and activists, fell prey to targeted killings in Karachi. In addition,74 others died in explosions all over Karachi during the year.Zugrunde liegen diesen Konflikten Spannungen zwischen den sogenannten Mohajirs und den Paschtunen und Sindhs. Die Mohajirs sind Urdu-sprechende Gruppen, die bei der Teilung von Britisch-Indien zuwanderten und heute 45 Prozent der mindesten 16 Millionen Menschen zählenden Agglomeration ausmachen.
Kompliziert wird die Situation, weil die Mohajirs oft Schiiten sind oder der als duldsam eingestuften Barelvi-Richtung des sunnitischen Islam angehören. Die Paschtunen, die ein Viertel der Bevölkerung Karatschis stellen, sind dagegen mehrheitlich Deobandi-Wahabiten. Das ist eine als intolerant geltende sunnitische Glaubensrichtung. Die restlichen 30 Prozent sind Pundjabis, Sindhis, Balutschen und andere.
Auch die jüngere Geschichte Pakistans hat nicht dazu beigetragen, die Situation in Karatschi zu stabilisieren: Seit den 1980er Jahren kommen ständig paschtunische Flüchtlinge vor allem aus Afghanistan in die Stadt. Im Zuge des Kriegs "gegen den Terror" in den nordwestlichen Provinzen und den Stammesgebieten an der Grenze zu Afghanistan kamen noch einaml schätzungsweise 300.000 Paschtunen in die Hafenstadt am Indischen Ozean. Kein Wunder, dass die Eurasia Review von einer Zunahme religiös motivierter Gewalt spricht. Selbstverständlich spielen auch das Militär und das organisierte Verbrechen eine Rolle. So schreibt die Daily Times in dem oben erwähnten Bericht:
The Pakistan Army’s policy of supporting extremist religious parties and our political and feudal leaders’ efforts to keep the people disunited and enslaved by introducing a class-based education system — Urdu medium, English medium and the madrassa system — have proved counter-productive.In der aktuellen Gewaltwelle spiegelt sich eine Mischung al dieser Entwicklungen wieder, schreibt die Eurasia Review in einer Analyse:
The present spike in violence emerged a week after the Muttahida Qaumi Movement (MQM) parted ways with the Pakistan People’s Party (PPP)-led coalition Government at the Federal and Provincial levels on June 27, 2011.Nun ist es so, dass die MQM von Mohajirs dominiert wird. Sie wirft der PPP vor der "Talibanisierung" Karatschis Vorschub zu leisten und zudem "die Drogen- und Land Mafia zu unterstüzen".
Die Sicherheitskräfte werden mit der Situation nicht mehr fertig. Bei einem einzigen militanten Islamisten fand die Polizei vor zwei Jahren 10 Westen für Selbstmordattentäter, 60 Kilo Sprengstoff und 10 Handgranaten. Anfang Juli wurden in einem Lager für der Flutkatastrophe vor einem Jahr 87 Handgranaten russischer Herkunft gefunden. Eine Lizenz für eine Waffe zu erwerben ist lediglich eine Geldfrage, und von den 45.000 vergebenen Lizenzen sind nach Polizeischätzungen zwei Drittel durch Bestechung erworben. Leute, die eine Lizenz haben, nutzen diese oft für 10 oder gar 50 einzelne Waffen. Über die Zahl illegaler Waffen gibt es keine zuverlässigen Schätzungen.
Die Gewalt in Karatschi hat erhebliche Bedeutung für das ganze südasiatische Land. Denn hier werden 20 Prozent des pakistanischen Bruttonationaleinkommens erwirtschaftet und 50 Prozent aller Steuern gezahlt. Der Hafen ist lebenswichtig für ganz Pakistan und viele wichtigen Industrien sind hier angesiedelt. Karatschi ist zudem der wichtigsten Finanzplatz Pakistans. Doch hat die Gewalt in letzter offensichtlichlich solch besorgniserregende Züge angenommen, dass die Kapitalflucht aus der Stadt zugenimmt.
Islamabad fiddles while Karachi burns meint die Asia Times in einem Hintergrund zu den Geschehnissen in Südpakistan.
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