Mittwoch, 1. April 2020

Öl oder Sanktionen?

Von der Öffentlichkeit wegen der Covid-Krise kaum beachtet, spielt sich derzeit ein ebenso spannender wie rücksichtsloser Kampf um die weltweiten Ölmärkte ab.

Hierzulande werden die Ereignisse als Preiskampf zwischen Russland und Saudi-Arabien dargestellt. Dabei handelt es sich wohl eher um Tauziehen um künftige Märkte, bei dem sowohl Moskau als auch Riad darauf setzen, dass den Ölproduzenten in den USA als ersten die Luft wegbleibt. Darauf lassen vor allem die jüngsten Nachrichten (Reuters) schließen, denen zufolge Saudi-Arabien sich weigert, an den OPEC+ Verhandlungstisch zurückzukehren.

Das kommt in den USA gar nicht gut an, wo mittlerweile von einem "Wirtschaftskrieg" die Rede ist. Yahoo-Reuters berichtet:
A group of six U.S. senators wrote a letter to Secretary of State Mike Pompeo this week saying Saudi Arabia and Russia "have embarked upon economic warfare against the United States" and were threatening U.S. "energy dominance".
Die US-Frackingindustrie ist hochverschuldet und benötigt Barrelpreise von 40 bis 50 US-Dollar um zu überleben. Insgesamt steht man mit 86 Mrd. US-Dollar in der Kreide, von denen 22 Mrd. noch dieses Jahr fällig werden. Und aktuell pendelt der Ölpreis (Brent) zwischen 20 und 25 US-Dollar pro Barrel. Zwei Firmen haben sich schon an die Regierung des Bundesstaates Texas mit der Bitte  gewandt, die Fördermengen in den USA zu regulieren, weil sie ihre geschäftliche Basis schwinden sehen.

Der Preis ist übrigens zusammengebrochen, weil Russland sich geweigert hat, die bestehenden Vereinbarungen zu verlängern. Der Schachzug scheint Teil einer umfassenderen Strategie Moskaus zu sein, seine Ölindustrie auf Kosten der USA zu konsolidieren. Nachdem Moskau sein Engagement in Venezuela neu geordnet hat, um vor künftigen US-Sanktionen sicher zu sein, greift es nun die Fracking-Industrie frontal an. Das hat US-Präsident Donald Trump immerhin veranlasst, in Moskau anzurufen. Ob der "dealmaker" die "Energiedominanz" der USA noch retten kann, ist allerdings ungewiss. MediaWatch empfiehlt eine faszinierende Analyse von M.K. Bhadrakumar. Dafür wird Washington (zumindest für eine ganze Weile) auf einseitige Sanktionen (wie etwa gegen North Stream 2) verzichten müssen.

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