Donnerstag, 21. Januar 2016

Vorschläge für die polit-ökonomische Wochenendlektüre

In seinem Blog weist Paul Krugman darauf hin, dass es bis heute kein volkswirtschaftliches Modell gibt, mit dem sich persönlicher Reichtum in seinen verschiedenen Erscheinungen hinreichend erklären (respektive begründen) ließe. Die systematische Forschung zu diesem Thema hat offensichtlich auch aus diesem Grund gerade erst so richtig begonnen, und es scheint so, als ob Piketty den Startschuss dazu gegeben habe.
Eine kurze Geschichte der volkswirtschaftlichen Theoriebildung zur wachsenden Ungleichheit legt Krugman konzise in der New York Review of Books dar - und liefert gleichzeitig eine interessante  Buchbesprechung von "Saving Capitalism" von Robert Reich.
Krugman gibt darin auch Hinweise, welche politischen Schritte (wieder) zu mehr Gleichheit führen könnten. Bemerkenswert sind nach Meinung von MediaWatch vor allem die Argumentation zu Gewerkschaften, die durch folgende Sätze charakterisiert ist:
(...) the decline in unions seems to have major impacts beyond the direct effect on members’ wages: researchers at the International Monetary Fund have found a close association between falling unionization and a rising share of income going to the top one percent, suggesting that a strong union movement helps limit the forces causing high concentration of income at the top.
Ebenfalls in der NYRB ist eine Betrachtung von Thomas Piketty erschienen, die sich auch der Frage widmet welche Politik die bestehenden Ungleichheiten mindern kann. Auch Pikettys Überlegungen fungieren gleichzeitig als Buchbesprechnung. Diesmal geht es um das Werk "Inequality: What Can Be Done?" des bedeutenden britischen Ökonomen Anthony Atkinson. Atkinson und Piketty machen sich für robuste Umverteilungssysteme stark; vor allem für eine progressive Besteuerung von Einkommen und Besitz sowie ausgestattete Systeme sozialer Sicherung. So weit, so erfreulich. Aber dann wird es richtig spannend:
But Atkinson’s plan of action hardly stops there. At the core of his program is a series of proposals that aim to transform the very operation of the markets for labor and capital, introducing new rights for those who now have the fewest rights. His proposals include guaranteed minimum-wage public jobs for the unemployed, new rights for organized labor, public regulation of technological change, and democratization of access to capital.
Etwas konkreter wird es in dem NYRB-Text "Parking the Big Money" in dem es um Steuerhinterziehung geht. Allein die nackten Zahlen erschrecken immer wieder:
About 8 percent of the world’s wealth, or $7.6 trillion, is held in tax havens. In 2015, Switzerland alone held $2.3 trillion in foreign wealth. As a result of fraud from unreported foreign accounts, governments around the world lose about $200 billion in tax revenue each year. Most of this amount comes from the evasion of taxes on investment income, but a significant chunk comes from fraud on inheritances. In the United States, the annual tax loss is $35 billion; in Europe, it is $78 billion. In African nations, it is $14 billion.
Zur Erinnerung: Es geht hier nur um illegale Aktivitäten (Steuerhinterziehung). Und eine angelsächsische Trillion entspricht einer deutschen Billion; also 1000 Milliarden (oder 1 Mio. x 1 Mio.) Dollar. In absoluten Zahlen sind die Industrieländer am stärksten betroffen. Aber in Bezug auf die Wirtschaftsleistung ist Steuerhinterziehung für Entwicklungs- und Schwellenländer oft viel gravierender und schädlicher.
Gut erklärt wird, wie solche ephemeren Besitzstände überhaupt wahrnehmbar werden. Auch die Frage, was getan werden kann, wird eingehend bearbeitet.
Das Bureau of Investigative Journalism schließlich hat eine gute Zusammenfassung des Stands von Investorenklagen gegen Staaten vorgelegt, die vor allem danach fragt, wie hoch eigentlich die Strafen so ausfallen.
Hier stößt man auch den Fall der Siemens AG, die erfolgreich fast 218 Mio. US-Dollar (!) von Argentinien eingeklagt hat.

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