Montag, 23. November 2015

Agrarhandel zur nachhaltigen Ernährungssicherung? Teil 5

- eine Studie im Auftrag der Welthungerhilfe.

Ihr/Euer ergebenster MediaWatch-Redakteur hat sich für die Welthungerhilfe letztes Jahr lange mit Fragen des Weltagrarhandels auseinandergesetzt. Herausgekommen ist eine Handreichung, die eine ganze Reihe Grundlagen aufarbeitet - sowohl was die Empirie, als auch was die politökonomische Seite betrifft. Da mischt sich Bekanntes bunt mit Überraschungen. Hier die Links zu Teil 1, Teil 2, Teil 3 und Teil 4 der Serie.

Fünfter Teil: Agrarhandel und ländliche Entwicklung

In vielen Entwicklungsländern partizipieren nur 20 bis 40 Prozent der ländlichen Bevölkerung in größerem Umfang an regionalen und nationalen Agrarmärkten. Viele Haushalte – besonders in abgelegenen Gebieten – haben lediglich Kontakt zu stark abgegrenzten, lokalen Märkten. Weil die ländlichen Einkommen, die außerhalb der Landwirtschaft generiert werden, auch in den meisten Entwicklungsländern stetig wachsen, gewinnen gut funktionierende Agrar- und Lebensmittelmärkte für die Ernährungssicherung weiterhin an Bedeutung.

Bedeutung von Agrarmärkten für die arme ländliche Bevölkerung
Der ungehinderte Zugang zu funktionierenden Märkten ist für Menschen in Entwicklungs-ländern ebenso wichtig wie für die Konsumenten in den Industrieländern der Gang zum Supermarkt. Für arme Bauern spielen Agrarmärkte sogar eine noch größere Rolle, weil sich viele auf ihnen nicht nur versorgen, sondern hier auch ihre Einkommen realisieren müssen. Im Folgenden werden die Konsequenzen angesprochen, die dysfunktionale Faktormärkte für (arme) Anbieter von Nahrungsmitteln haben. Sie machen es ihnen zusätzlich schwer, einen auskömmlichen Lebensunterhalt zu erwirtschaften:

Arme Menschen/Bauern verfügen nur über geringe Ressourcen (wie Kapital, Arbeit und Land), was ihre Entscheidungs- und Produktionsmöglichkeiten zusätzlich einschränkt. Dass in ländlichen Regionen die Finanz-, Land- und Arbeitsmärkte die entscheidende Rolle spielen, ist unmittelbar einleuchtend. Autarkie, Selbsthilfe und Selbstversorgung sind Schlagworte, die gut klingen. Doch wenn Menschen zur Subsistenzwirtschaft gezwungen sind, weil sie keine Arbeit finden, weil sie kein Land zupachten können oder weil sie ihre Produkte nicht vermarkten können und/oder keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen haben, wird ihre Lage schlechter sein, als wenn sie – unter ansonsten gleichen Bedingungen – Zugang zu gut funktionierenden Faktormärkten haben.

Gleichzeitig ist landwirtschaftliche Produktion eine risikoreiche Angelegenheit: Wer in einer Situation von Subsistenz Witterungsrisiken als tödliche Bedrohung fürchten muss, wird sich schwertun, einen Teil seines Landes und seiner Arbeit in einkommensschaffende Aktivitäten zu investieren. Lieber dehnt man die Produktion für den Eigenbedarf aus, um auf alle Fälle genug zu essen zu haben. Hinzu kommt, dass zwischen der Investition (Aussaat) und der Realisierung des Einkommens (Ernte) ein bedeutender Zeitraum verstreicht. Dieser macht es für den einzelnen Produzenten ebenfalls extrem schwierig, auf Änderungen der Marktbedingungen zu reagieren.


Für eine Vielzahl von Nahrungsmitteln, die nicht international vermarktet werden, kommen dem lokalen und dem regionalen Handel eine hervorragende Bedeutung zu: Zum Beispiel haben die Bauern in den westafrikanischen Sahelländern ohne Zugang zum Meer (Burkina Faso, Mali und Niger) Absatzmärkte für eine ganze Reihe ihrer Produkte in den westafrikanischen Küstenländern erschlossen. Dazu gehören einerseits Erzeugnisse, die aufgrund kultureller Affinitäten im Handelsraum gut verkäuflich sind, wie Erdmandeln, Augenbohnen und Erdnüsse. Die regionale Vermarktung von lebenden Tieren, Zwiebeln und Mangos erspart deren aufwendige Weiterverarbeitung. Weitere Produkte sind Sesam, Karité- und Cashewnüsse, Gummi Arabicum und regional erzeugter Zucker, die auch international gefragt sind. Im Gegenzug werden vor allem Fette und Öle (Palmöl), Molkereiprodukte und Mehle importiert.

Allerdings sind auch die regionalen Agrarmärkte nicht ohne Probleme. Hier treten die Bauern zwar nicht gegen wirtschaftlich übermächtige Konkurrenz an. Doch dafür bestehen ganz erhebliche Handelshemmnisse. Zum Teil sind das Zollschranken, die teilweise noch relativ hoch ausfallen. Hinzu kommen nichttarifäre Handelshemmnisse, die durch Korruption und überbordende Bürokratie entstehen. Entlang der Hauptstraße Bamako–Accra und Bamako–Lome durch Mali, Burkina Faso, Ghana und Togo z. B., die für den regionalen westafrikanischen Handel von großer Bedeutung ist, bestehen eine Vielzahl von Kontrollposten von Polizei, Zoll, den Einwanderungsbehörden und anderen Behörden. Ihr Zweck ist es vor allem, Bestechungsgelder einzuziehen und so die Einkommen der Beamten aufzubessern. Dieses moderne Raubrittertum steigert die Kosten für den Transport spürbar: Überschlägig berechnet fallen demnach etwa auf der Strecke Bamako–Accra etwa 200 US-Dollar Bestechungsgelder an – auch für solche Frachten, für die einwandfreie Papiere vorliegen.

Die Bedeutung lokaler oder regionaler Agrarmärkte für die Entwicklung der Agrarsektoren in Entwicklungsländern ist dennoch kaum zu unterschätzen: Geschäfte können manchmal ohne Wechselkursrisiken und oft ohne den Einsatz westlicher Devisen getätigt werden. Die Transportwege sind kurz und es können bevorzugt regional gefragte Produkte gehandelt werden. Eine entsprechende Infrastruktur und Nachfrage vorausgesetzt, können lokale und regionale Marktstrukturen schneller auf Mangelsituationen reagieren als internationale Geberorganisationen.

Eine wesentliche und ziemlich direkte Anbindung von Kleinbauern an die Weltmärkte wird über den Vertragsanbau (contract farming) geleistet. Allerdings scheint dieser – trotz zunehmender Bedeutung – in Entwicklungsländern nicht so weit verbreitet, wie oft angenommen wird. IFAD zitiert eine Studie, wonach etwa sieben Prozent aller Kleinbauern in ausgewählten Ländern im Vertragsanbau tätig sind. Allerdings kann dieser Prozentsatz lokal oder regional wesentlich höher liegen, wenn günstige Lagen und/oder eine gute Infrastruktur die Aktivitäten größerer Agrarunternehmen begünstigen.

Beschäftigungsentwicklung in der Landwirtschaft in Entwicklungsländern
Der Anteil der Menschen, die in Entwicklungs- und Schwellenländern in der Landwirtschaft arbeiten, sinkt langsam aber stetig. Das liegt zum einen an der weltweit zunehmenden Verstädterung, zum anderen daran, dass im Zuge der wirtschaftlichen Entwicklung andere Sektoren und Branchen immer wichtiger werden.

Doch vermittelt diese Einsicht nur die halbe Wahrheit. Denn absolut gesehen steigt die Zahl der Menschen, die in der Landwirtschaft Beschäftigung suchen (und nur zum Teil finden) in vielen Ländern weiterhin an. Das ist vor allem auf das natürliche Bevölkerungswachstum  in vielen Entwicklungsländern zurückzuführen, das auf dem Land weltweit fast immer höher ausfällt als in den Städten. Vielerorts kann die Landwirtschaft den stetigen Zustrom zusätzlicher Arbeitskräfte trotz Landflucht nicht aufnehmen.

Entwicklung des Anteils der landwirtschaftlichen Beschäftigung in ausgewählten Regionen in Prozent 1991–2010

1991 lebten weltweit 3,063 Mrd. Menschen auf dem Land, von denen 1,166 Mrd. in der Landwirtschaft arbeiteten (rund 487 Mio. Frauen und knapp 679 Mio. Männer). Bis 2010 ist die ländliche Bevölkerung weltweit um fast 280 Mio. auf 3,341 Mrd. angewachsen.  Die Zahl der im Agrarsektor wirtschaftlich aktiven Menschen ist dagegen nur etwa halb so viel (147,4 Mio.) auf circa 1,3135 Mrd. Menschen angewachsen (rund 561,5 Mio. Frauen und knapp 752 Mio. Männer).  Vor allem in den ländlichen Regionen Afrikas, des Nahen und Mittleren Ostens sowie Südasiens ist die Zahl der Menschen weit schneller gestiegen als die Aufnahmefähigkeit der Arbeitsmärkte in der Landwirtschaft. In Indien z. B. haben zwischen 2004/05 und 2011/12 etwa fünf Mio. Menschen Arbeit in der Industrie gefunden. Im selben Zeitraum sind aber etwa 33 Mio. aus der Landwirtschaft ausgeschieden, um anderswo Beschäftigung zu finden.

Dass Menschen der Landwirtschaft den Rücken kehren, liegt unter anderem daran, dass Erweiterungen der Landnutzungsflächen außer in bestimmten Regionen in Afrika südlich der Sahara kaum noch möglich sind. Gleichzeitig schreitet auch in Entwicklungs- und Schwellenländern die Mechanisierung und Rationalisierung des Agrarsektors fort. Allerdings steigen im Zuge der wirtschaftlichen Entwicklung und des zunehmenden gesamtgesellschaftlichen Wohlstands nicht nur die landwirtschaftliche Produktivität, sondern auch die Einkommen und Löhne, die im Agrarsektor erzielt werden.

Vergleich der Entwicklung der Anteile der landwirtschaftlichen Beschäftigung an der gesamten Beschäftigung mit den Anteilen der ländlichen Bevölkerung an der gesamten Bevölkerung in ausgewählten Ländern 1990–2011

Entwicklung der ländlichen Beschäftigung außerhalb des Agrarbereichs
Trotz der großen regionalen Unterschiede ist zu erkennen, dass die Zahl der abhängig Beschäftigten innerhalb der Landwirtschaft sowie wirtschaftliche Aktivitäten im ländlichen Raum insgesamt im Zuge der wirtschaftlichen Entwicklung tendenziell zunehmen.  Das wird besonders offenbar, wenn man die Daten aus dem subsaharischen Afrika mit den anderen Weltregionen vergleicht und einen Blick auf die Zahlen aus Europa und Zentralasien wirft.

Die wirtschaftliche Aktivität in ländlichen Regionen von Entwicklungsländern außerhalb der Landwirtschaft besteht hauptsächlich (zu 60 bis 75 Prozent) aus Klein- und Einzelhandel sowie Dienstleistungen. Im Handel sind überwiegend Selbstständige tätig, im Dienstleistungsbereich vor allem abhängig Beschäftigte. Verarbeitendes Gewerbe und Industrie haben meist nur geringe Bedeutung und beschränken sich überwiegend auf die Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Die meisten der Betriebe sind sehr klein: 80 bis 90 Prozent von ihnen greifen ausschließlich auf Arbeitskräfte in der Familie zurück, die anderen beschäftigen nur eine oder zwei Arbeitskräfte. Wo Beschäftigungsverhältnisse existieren, sind die Löhne, die außerhalb der Landwirtschaft gezahlt werden, allerdings oft höher als die der Farmarbeiter, und oft übersteigen sie sogar die Erträge von Kleinbauern.

Ländliche Beschäftigung nach Sektoren in Prozent
(Ohne China. Die grauen Markierungen weisen darauf hin, dass die betreffenden Daten mit erheblichen Unsicherheiten behaftet sind. Die Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2000.)

Ein wesentliches Hindernis für eine Konjunktur ländlicher Beschäftigung außerhalb der Landwirtschaft ist die weitverbreitete ländliche Armut, die sich volkswirtschaftlich als Mangel an Nachfrage ausdrückt. Denn die allermeisten der Kleinunternehmen, die in ländlichen Regionen operieren, können keine weiter entfernt liegenden Märkte erschließen und bleiben auf die Nachfrage vor Ort angewiesen. Dicht besiedelte ländliche Regionen – vor allem im Umfeld von Städten – bieten mehr Nachfrage und daher bessere Chancen. Darüber hinaus koppelt die Bindung an die lokalen Märkte auch die ländlichen Kleinunternehmer außerhalb der landwirtschaftlichen Erzeugung an die Ertragssituation der Bauern. Damit wirken dieselben Faktoren, die das Wachstum der landwirtschaftlichen Erzeugung behindern oder begrenzen, auch auf die gesamte Arbeits- und Beschäftigungssituation in ländlichen Regionen von Entwicklungsländern.

Informeller Handel
Der Informelle Handel ist eines der wichtigsten Betätigungsfelder für kleine und kleinste Unternehmen vor allem in Afrika südlich der Sahara. Außer in Südafrika, wo nur etwa zwölf Prozent der ökonomisch aktiven Bevölkerung im Informellen Handel aktiv sind, sorgt dieser in den meisten Ländern für 20 bis 75 Prozent aller Beschäftigungsmöglichkeiten. Diesen Zahlen entspricht die Tatsache, dass im afrikanischen Durchschnitt nur etwa 60 Prozent aller ökonomischen Aktivitäten formalisiert sind. Der Informelle Handel macht dabei das Gros der Beschäftigung in der Informellen Ökonomie aus. Aber auch für Südasien  sowie Teile Südostasiens  ist die Bedeutung des Informellen Handels – auch über Staatsgrenzen hinweg – gut belegt. Der Informelle Handel schließt lokale Märkte auf Bürgersteigen und Marktplätzen ebenso ein wie internationalen Handel über Staatsgrenzen hinweg (Informal Cross Border Trade, ICBT). Grundsätzlich wird der Informelle Handel nach drei Produktgruppen unterschieden:
1.    landwirtschaftliche Erzeugnisse, Vieh und Fischereiprodukte,
2.    lokales Kunsthandwerk sowie
3.    Handel mit Industriewaren, die entweder regional produziert oder über parallele Wege – ohne zusätzliche Wertschöpfung – re-importiert oder -exportiert werden.

Informeller Handel ist für das gute Funktionieren von Agrarmärkten vor allem in Afrika be-deutsam, denn es werden eine Vielzahl Güter auf informellen Wegen bewegt, die entweder landwirtschaftliche Erzeugnisse sind oder im Agrarsektor benötigt werden: Baumwolle, Zement, Pflanzenöle, Erdölprodukte, Dünge- und Pflanzenschutzmittel in Westafrika sowie Pharmaprodukte für Tiere, Vieh, Molkereiprodukte, Hühner und Eier, Fisch, Kaffee, Getreide, Bohnen, Schuhe und Kleidung sowie Elektronik und Kat im östlichen Afrika (Dschibuti, Somalia, Kenia).

Wie in der Informellen Ökonomie allgemein, spielen Frauen im Informellen Handel eine herausragende Rolle – vor allem in Westafrika. Schätzungsweise sind allein 4 bis 5 Mio. Frauen in der Region damit beschäftigt, Shea-Nüsse zu ernten und zu Shea-Butter weiterzuverarbeiten. Damit erwirtschaften sie bis zu 80 Prozent ihrer Einkommen. In Benin stellen Frauen 80 Prozent all derer, die im Informellen Handel arbeiten, und 95 Prozent all jener, die unverarbeitete Produkte handeln.
Akteure auf informellen Märkten unterliegen vielen Risiken: Da sie keine offiziellen Papiere vorlegen können, laufen sie vor allem im ICBT Gefahr, dass ihre Waren oder Fremdwährungen beschlagnahmt werden. Sie sind den Schikanen der Zollbehörden ausgesetzt, was auch sexuelle Übergriffe und Durchsuchungen einschließt. Zudem können sie zur Zahlung von Bestechungsgeldern gezwungen werden. Sie müssen sich mit langen Wartezeiten an den Grenzen und Ladestellen arrangieren – manchmal ohne dass vor Ort Übernachtungsmöglichkeiten existieren. Insgesamt ist die Gefahr groß, bestohlen oder ausgeraubt zu werden. Da ihre Geschäfte inoffizieller Natur sind, erhalten sie auch keine adäquaten Bankkredite.

Mittlerweile gibt zumindest in Afrika einige Versuche, den informellen grenzüberschreitenden Handel zu erfassen, zu regulieren und zu intensivieren: So besteht etwa ein Abkommen zwischen dem Sudan und Äthiopien über den ICBT, und Äthiopien hat den Informellen Handel mit Dschibuti, Kenia und Somalia liberalisiert. Auch Uganda hat den Kleinen Grenzhandel im Wert von unter 1.000 US-Dollar liberalisiert. COMESA, SADC und ECOWAS haben sich auf bestimmte Produkte geeinigt, die informell und grenzüberschreitend – und in einigen Fällen auch zollfrei – gehandelt werden dürfen. Im südlichen und östlichen Afrika darf z. B. Mais frei gehandelt werden; auch über Staatsgrenzen hinweg.

•    Um gut gezielte Politiken zur Förderung ländlicher Arbeitsmärkte in Entwicklungsländern formulieren zu können, muss zunächst umfassend und eingehend untersucht werden, wie diese derzeit überhaupt strukturiert sind.
•    Sollte sich bestätigen, dass sich ländliche Arbeitsmärkte im Zuge wirtschaftlicher Entwicklung diversifizieren, sind die dafür maßgeblichen Faktoren zu identifizieren und in künftigen Politiken zur ländlichen Arbeitsmarktförderung zu berücksichtigen.
Dies ist umso wichtiger, als die landwirtschaftlichen Arbeitsmärkte die ländlichen Arbeitssuchenden nicht sämtlich aufnehmen können. Es sind deshalb bevorzugt Produkte und Verfahren zu fördern, die die landwirtschaftliche Produktion effektiver machen oder an sie anknüpfen oder andere lokale und regionale Potenziale in Wert setzen. Vor allem weit abseits der Städte sind lokale und regionale Wirtschaftskreisläufe gezielt zu fördern.
•    Produktivitätssteigerungen auch und vor allem in der (klein-)bäuerlichen Landwirtschaft und die Diversifizierung bei den Erzeugnissen sind zentrale Hebel, um die Einkommen großer Bevölkerungsgruppen zu erhöhen und ihre Ernährung besser zu sichern.
•    Die Produktionsrisiken für arme Kleinbauern können gesenkt werden, wenn es gelingt, Wertschöpfungsketten zu identifizieren, in denen sie Kostenvorteile haben. Dabei sind geschlechtsspezifische Marktzugänge (oder Zugangshindernisse) besonders zu berücksichtigen, wie z. B. der hohe Anteil von Frauen in Informellen Märkten.
•    Es gilt, bestehende Organisationen und die Organisationsfähigkeit der landwirtschaftlichen Produzenten zu stärken – z. B.durch Gründung und Förderung von Genossenschaften, aber auch dort, wo Vertragsanbau vorherrscht. So können sie effektiver am Marktgeschehen teilhaben und eine bessere Verhandlungsposition einnehmen. Auch Organisationen von Land- und Saisonarbeitern (etwa Gewerkschaften) sollten unterstützt werden.
•    Fast überall in Entwicklungsländern bedürfen ländliche Infrastrukturen dringend des zügigen Auf- und Ausbaus. Für ländliche Agrarmärkte sind gute Lager-, Transport- und Kommunikationsmöglichkeiten von besonderer Bedeutung. Sie reduzieren Transaktionskosten und befördern das effiziente Funktionieren von Märkten durch die kostengünstige Verbreitung relevanter Informationen.
•    Eine (bedarfsgerechte) berufliche Aus- und Weiterbildung sowie der Transfer von Know-how und angepassten Technologien sind dringend erforderlich.
•    Zölle und Steuern auf Aktivitäten im Informellen Handel sollten zumindest für Agrarprodukte gesenkt werden, die für die Ernährungssicherung essenziell sind. Die Staaten sollten die damit einhergehenden Einnahmeminderungen in Kauf nehmen. Die Steuererhebung muss verbessert werden, damit sie den Warenverkehr nicht mehr behindert (Straßensperren). Darüber hinaus sollten die Listen der für den grenzüberschreitenden Informellen Handel freigegebenen Güter regelmäßig überprüft und (auch auf die zugelassenen Entfernungen hin) flexibler gestaltet werden.
Diese Reformen müssen an ökonomischen Gesichtspunkten ausgerichtet werden und weniger an verwaltungstechnischen Aspekten.
•    Verwaltungs- und Registrierungsprozeduren sollten vereinfacht und auf den grenz-überschreitenden Informellen Handel ausgedehnt werden. Das würde informelle Geschäfte legalisieren und auf eine Rechtsgrundlage stellen.
•    An den Grenzübergängen und Umschlagplätzen sollte eine grundlegende Infrastruktur für die Händler bereitgestellt werden. Neben guten Straßen sollte diese auch Kommunikationsmöglichkeiten einschließen sowie Bankfilialen, Hotels, sichere Lager für Waren und wo nötig auch Wasser sowie gesicherte Flächen für Lebendvieh.

Weiter zum letzten Teil.

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