Mittwoch, 20. Mai 2009

Crosscheck Tschad-Sudan; Mai 2009: Khartoum meldet?

Wie kleine sprachliche Verschiebungen in einer scheinbar neutral und nachrichtlich verfassten Meldung parteilich wirken können, sei exemplarisch an den derzeitigen Konflikten an der Grenze zwischen Tschad und Sudan illustriert. Fast noch größeren Schaden richtet die Selektion des Nachrichtenmaterials an. In deutschen Medien wird gemeldet:
"Nur indirekt bestätigt"? 'Na klar', denkt da der informierte Zeitgenosse: 'Khartoum lügt wahrscheinlich sowieso, die decken ja auch Kriegsverbrecher.' Und geht zur Tagesordnung über.

Dass der tschadische Verteidigungsminister mittlerweile auf einer Pressekonferenz eine Bodenoffensive auf sudanesischem Territorium angekündigt hat, wird (bislang, Mittwoch 20. Mai 2009, 16:00 Uhr) von den deutschen Medien ignoriert. Für solche Informationen muss man bei ausländischen Nachrichtenanbietern suchen. Aljazeera meldet:
"This new situation will prompt us in the coming hours to pass across the border to deal with these pockets of mercenaries," [Adoum] Younousmi [der tschadische Verteidigungsminister] said in a statement. "We have asked our troops to deploy and those units which are due to intervene are in the process of gathering around these sites ... The Chadian government will use its right of pursuit."
Ist das keine Nachricht mehr wert, nachdem die Luftangriffe noch Thema waren? Und ist es nicht erstaunlich, wie sicher sich Younousmi zu fühlen scheint? Fragen über Fragen, die einen außenpolitisch interessierten Journalisten dazu nötigen, die eigenen KollegInnen täglich einem Crosscheck - unter anderem bei Aljazeera - zu unterwerfen. Leider.

Immerhin gibt es deutschsprachige Blätter, die eine etwas differenziertere Version des Geschehens abdrucken - sie erscheinen in Österreich. Dazu gehört der (wie fast immer vergleichsweise gute) Standard aus Wien ("Tschad beendete Luftangriffe gegen Rebellen" (15. Mai; Quellen: dpa, AFP, APA, AP/DER STANDARD) und die Kleine Zeitung aus der Steiermark (16. Mai; Quelle: APA).
Wer sich die Mühe macht, diese Veröffentlichungen mit den bundesrepublikanischen zu vergleichen, wird übrigens feststellen, dass es wohl schon bei den Agenturenmeldungen ganz erheblich Unterschiede zwischen dpa und APA gab.

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