Dienstag, 3. Februar 2009

Vorsicht beim China bashing!

Anfang des Jahres hatte der ehemalige Finanzminister der USA, Henry Paulson, seine Amtszeit mit schrillen Schuldzuweisungen beendet. Er hatte behauptet, dass China (und die ölexportieren Länder) an den Ungleichgewichten im Welthandel schuld seien. Im Kern liefen Paulsons Einlassungen darauf hinaus, dass die Ersparnisse dieser Ländergruppe die Kreditblase erst ermöglicht hätten. Und bei seinem Amtsantritt Ende Januar hatte der neue US-Finanzminister Timothy Geithner nachgetreten, als er China der Währungsmanipulation bezichtigte.

Die Chinesen haben sich gegen die Vorwürfe mit vergleichsweise deutlichen Worten zur Wehr gesetzt. In einem Kommentar der Nachrichtenagentur Xinhua heißt es:
It is completely a ridiculous conclusion both in time order and in causal relationship.
(...)

Compared with their U.S. counterparts who have long got accustomed to overspending, Chinese people have developed a tradition of savings since ancient times.
(...)
China's foreign reserve growth has been mainly pushed by its trade surplus and investment from other countries, including that from the U.S.. Due to its ever-increasing economic openness to the outside world, China has been considered (...) an ideal investment haven. As a result, the export by China-based foreign enterprises takes the lion's share of the country's total export volumes.

Und Xinhua reicht den Schwarzen Peter an den Absender zurück:
After the 1997 Asian financial crisis, some emerging Asian economies, including China, began to reinforce their foreign reserves and domestic bank deposit. (...)
In the Asian financial crisis, the U.S. dominated International Monetary Fund's (IMF) economic aid plans to crisis-struck Asian nations. As a precondition for assistance, the U.S.-led international body prescribed medicine for Asian nations, demanding them to adopt a tightened fiscal policy and raise interest rates. Also, they were urged to reduce financial deficits and increase international reserves.
The increased international and domestic savings by Asian nations after the 1997 crisis greatly helped raise their ability to fend off a financial crisis.

Und nun hat der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao in einem Interview mit der Financial Times (nur für Abonennten zugänglich) erstmals selber Position bezogen. Und was er zu sagen hatte, sollte den Strategen im Weißen Haus zu denken geben. Im Folgenden zitieren wir aus der Kolumne "Das Kapital" der Financial Times Deutschland:
Doch bei aller Enttäuschung darüber, dass China seine Währungsreserven nicht dem IWF zur Verfügung stellen will, ist die entscheidende Passage etwas untergegangen: dass China angesichts von 20 Millionen beschäftigungslosen Wanderarbeitern seine Währungsreserven von fast 2000 Mrd. US-Dollar im Notfall auch dazu verwenden könnte, die Mittel für eigene inländische Zwecke einzusetzen, um das Wachstumsziel von acht Prozent zu erreichen.
(...) allein die Andeutung dessen ist ein Schuss vor den Bug der USA, die auf ein zweistelliges Budgetdefizit zulaufen und daher gerade jetzt auf chinesisches Kapital angewiesen sind. Vielleicht ist das nur diplomatisches Geplänkel (...). Doch es ist und bleibt ein Wahnsinn, dass ein Schwellenland die größte Industrienation der Erde finanzieren muss.
Muss?
(...) wenn China den Aufkauf von US-Staatsanleihen nur verringert (im Einklang mit den Exporterlösen), könnte das am US-Rentenmarkt schon Tumulte auslösen, die selbst die Fed nur schwer beruhigen könnte, ohne den Dollar zu beschädigen. Auch wenn China, wie zu vermuten, zunächst brav bleibt, wird das riesige Angebot an neuen Staatsanleihen rund um die Welt die Rentenmärkte ohnehin gehörig belasten. Und sobald die akute Krise vorbei ist, so Wen, könnte China seine Anlagestrategie für Währungsreserven sowieso auf den Prüfstand stellen.
Bleibt zu hoffen, dass die US-Amerikaner zügig erkennen, wer zur Zeit die Musik bezahlt und dass sie nicht - und wahrscheinlich nie mehr - alleine bestimmen können, was gespielt wird.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen