Samstag, 1. November 2008

Piraterie - ein schlechtes Geschäft verglichen mit Giftmüllexporten

Zwar wurde die Regierung der Islamischen Gerichte in Mogadischu im Rahmen des “Kampfes gegen dern Terrorismus” von äthiopischen Soldaten mit Billigung des Westens weggeputscht, und ein NATO-Flottenverband kreuzt schon seit Monaten am Horn von Afrika. Von terroristischen Aktivitäten in der Region war denn auch lange nichts zu vernehmen. Doch scheint es nicht zu gelingen, die Piraterie in der Region in den Griff zu bekommen. Jetzt, wo erstmals ein 300 Meter langer Supertanker in die Hände der Freibeuter gefallen ist, wird das Ausmaß und die Infrasrtuktur dieser Form von Gewalt-Unternehmertum erstmals weltöffentlich:

Wie die Zeit Online berichtet, werden derzeit 17 Schiffe und 340 Mann Beatzung vermisst. Darunter befinden sich laut Aljazeera ein ukranischer Frachter mit Waffen, ein Getreidefrachter unter der Flagge Hongkongs und ein thailändisches Fischerboot. Und erstmals wird das somalische Küstendörflein Eyl als Fluchtburg der Piraten genannt. Dort lackieren diese die gekaperten Schiffe angeblich um, bevor sie mit neuem Namen und neuen Papieren wieder “auftauchen”, wie es in dem Zeit-Artikel heißt. Das ist schwer zu glauben, denn ein Schiff pinselt man nicht eben mal neu an wie ein Auto in einer Garage und Google-Earth weist keinen Hafen geschweige denn ein Trockendock in der Gegend aus. Militärisches Einschreiten, so die Zeit im Folgenden wesentlich glaubwürdiger, sei schwierig, da das Leben der gefangengenommenen Crews auf dem Spiel stehe.

Einen spektakulären Erfolg kann dagegen die indische Marine verbuchen: Der Fregatte INS Taber ist es gelungen, ein “Piratenmutterschiff” “285 Seemeilen südwestlich von Salalah in Oman” zu versenken. Das Schiff habe sich - so der Press Trust of India weiter - dort auf einer Überwachungs- und Patroillenfahrt befunden. Das lässt darauf schließen, dass die NATO gut beraten wäre, sich derartige Ordnungsaufgaben im indischen und pazifischen Ozean mit den aufstrebenden asiatischen Mächten zu teilen. Das käme nicht nur billiger, sondern wäre auch effizient und könnte zudem helfen, Vertrauen aufzubauen. Denn an unnötig steigenden Versicherungs- und damit Transportkosten kann in der derzeitigen Rezzession niemandem gelegen sein - ebensowenig wie an vermeidbaren Belastungen der öffentlichen Hand.

Einem anderen verstörenden Aspekt des Problems zerfallender Staatlichkeit hat Aljazeera in diesem Zusammenhang nachgespürt: Die Piraten verlangen für die Freigabe des oben genannten ukrainischen Frachters acht Millionen US-Dollar - so weit so schlecht. Aber sie wollen das Geld angeblich für die Säuberung der somalischen Küste von Müll und Giftmüll verwenden, der dort “kontinuierlich seit 20 Jahren deponiert wird”. So zitiert Aljazeera zumindest einen gewissen Januna Ali Jama, der als Sprecher der in der halbautonomen Republik Pundtland beheimateten Piraten bezeichnet wird. Natürlich stellt Aljazeera klar, dass derartige Aussagen von Piraten nicht ernst genommen werden dürfen. Was der Nachrictensender im folgenden dann aber über Giftmüllgeschäfte mit somalischen warlords berichtet, ist der ausführlichen Wiedergabe wert:
Allegations of the dumping of toxic waste, as well as illegal fishing, have circulated since the early 1990s. But evidence of such practices literally appeared on the beaches of northern Somalia when the tsunami of 2004 hit the country. The UN Environment Programme (UNEP) reported the tsunami had washed up rusting containers of toxic waste on the shores of Puntland.

Nick Nuttall, a UNEP spokesman, told Al Jazeera that when the barrels were smashed open by the force of the waves, the containers exposed a “frightening activity” that has been going on for more than decade. “Somalia has been used as a dumping ground for hazardous waste starting in the early 1990s, and continuing through the civil war there,” he said. “European companies found it to be very cheap to get rid of the waste, costing as little as $2.50 a tonne, where waste disposal costs in Europe are something like $1000 a tonne.

“And the waste is many different kinds. There is uranium radioactive waste. There is lead, and heavy metals like cadmium and mercury. There is also industrial waste, and there are hospital wastes, chemical wastes – you name it.” Nuttall also said that since the containers came ashore, hundreds of residents have fallen ill, suffering from mouth and abdominal bleeding, skin infections and other ailments. (…) However, [Ahmedou] Ould-Abdallah [the UN envoy for Somalia] claims the practice still continues.

Ould-Abdallah declined to name which companies are involved in waste dumping, citing legal reasons. But he did say the practice helps fuel the 18-year-old civil war in Somalia as companies are paying Somali government ministers to dump their waste, or to secure licences and contracts. “(…) because of the fragility of the TFG [Transitional Federal Government], some of these companies now no longer ask the authorities – they simply dump their waste and leave.”

(…)
The [Basel] convention prohibits waste trade between countries that have signed the convention, as well as countries that have not signed the accord unless a bilateral agreement had been negotiated. It is also prohibits the shipping of hazardous waste to a war zone. Abdi Ismail Samatar, professor of Geography at the University of Minnesota, told Al Jazeera that because an international coalition of warships has been deployed to the Gulf of Aden, the alleged dumping of waste must have been observed.

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