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Freitag, 13. August 2021

Einwurf: Romane, die es erfreulicherweise gibt

Eine unvollständige, höchst subjektive und persönliche Auswahl
... vorgestellt in der alphabetischen Reihenfolge der deutschsprachigen Titel.

"Alle Menschen sind sterblich" von Simone de Beauvoir. Die denkbar menschlichste Abrechnung mit dem Albtraum von der Unsterblichkeit.

"An den Lederriemen geknotete Seele". Unfassbare Stories aus Tibet.

"Das Gleichgewicht der Welt" von Rohinton Mistry über Indien wie es wirklich ist. (Heute vielleicht sogar mehr denn je.)

"Das rote Kornfeld", "Die Knoblauchrevolte" und "Die Schnapsstadt" von Mo Yan. Von diesen drei Büchern trägt jedes einzelne mehr zum Verständnis des modernen China bei als die Mao-Bibel.
Leider nur in englischer Sprache verfügbar ist "Big Breasts and Wide Hips" über die Jahrzehnte der Ein-Kind-Politik. 

"Das siebte Kreuz" von Anna Seghers. Lässt die LeserInnen die Todesangst miterleben, in der die Verfolgten des Naziregimes lebten und ist dabei superspannend zu lesen und überhaupt nicht weinerlich.

"Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen. Ein Buch, aus dem man mehr über den Krieg lernen kann als aus vielen, vielen theoretischen Abhandlungen (vgl. auch "Sozaboy").

"Der Herbst des Patriarchen" von Gabriel García Márquez. Dieses Buch macht erst dann vollen Eindruck, wenn man weiß, dass es aus den Splittern der Geschichte Lateinamerikas zusammengesetzt wurde. Herausgekommen ist ein Kaleidoskop verwirrten Machtwahns. Im Vergleich dazu sind "Hundert Jahre Einsamkeit" praktisch ein Kindergeburtstag...

"Die achte Plage" von Meja Mwangi. Ein großer Roman über HIV/Aids und wie es in Kenia zu Beginn der Seuche wirklich war. Westlich geprägten LeserInnen ist praktisch alles von Mwangi zu empfehlen.

"Die Ästhetik des Widerstands" von Peter Weiss. Nicht immer angenehme Lektüre für alle, die sich tatsächlich für die deutsche Geschichte des 20sten Jahrhunderts interessieren.

"Die Islandglocke" von Halldor Laxness. Wer sich an präzisen Schilderungen barbarischer Armut nicht stört, ist herzlich eingeladen, diesen spannenden historischen Schmöker zu verschlingen.

"Die Kinder der Regenmacher" von Aniceti Kitereza: Ein Erlebnisbericht aus Verhältnissen, die de facto der frühen Eisenzeit entsprechen  - aber aus (dem damaligen) Tanganjika und aus erster Hand und in direkter Übersetzung aus dem Ki-Suaheli.

"Erkundungen - 16 vietnamesische Erzähler": Eines der ganz seltenen Bücher in deutscher Sprache, in dem der Vietnamkrieg aus der Perspektive der Sieger geschildert wird.

"Ermittlungen im Landesinneren" von Driss Chraibi. Eine großartige Satire über Polizeiarbeit in Marokko mit einem gehörigen Schuss Zivilisationskritik.

Die "MaddAddam"-Trilogie (1), (2), (3) von Margaret Atwood. Ein apokalyptischer Science Fiction Roman, der mit völlig verblüffenden Möglichkeiten aufwartet, die fortgeschrittene Gentechnologie einem zu allem entschlossenen Irren irgendwann vielleicht einmal bieten könnte.

"Morenga" von Uwe Timm. Das Werk handelt vom deutschen Kolonialismus in Namibia und schöpft gleichermaßen aus den Archiven des wilhelminischen Außenministeriums wie aus dem Ausdrucksrepertoire des magischen Realismus. (Es gibt eine Besprechung im Blog.)

Die "Neuromancer"-Trilogie von William Gibson ist das Werk, in dem die kommende, hypermoderne, wissenschaftlich begründete, kapitalistische Weltunordnung als erstes gültig beschrieben wurde. Radikal, superspannend und poetisch.

"Sozaboy" von Ken Saro-Wiwa. Ein Kindersoldat, der die Wirren des Biafra-Krieges auch dadurch unterläuft, indem er die Seiten wechselt...
Wer kann, sollte diese "Novel in Rotten English" unbedingt im praktisch unübersetzbaren Original geniessen. Eine geniale Rückeroberung der englischen (Kolonial)Sprache.

Die "Trisolaris" Trilogie von Liu, Cixin. Wer 'harte' Science Fiction liebt, sollte versuchen, alle drei Bände zu lesen. Tausend Jahre sind ein Hauch.

"Verlorene Illusionen" von Honore de Balzac. Es geht um viel Geld, einen schmierigen Journalisten im nachnapoleonischen Paris und um einen großen Betrug. Morde gibt's in diesem Buch nicht - alles ist auch so schon wirklich schlimm genug.

"Vishnus Tod" von Manil Suri steht hier für insgesamt drei imponierende Werke über das Ende des Lebens, zu denen auch "Der Tod des Kleinbürgers" von Franz Werfel und "Der Tod des Iwan Iljitsch" von Leo Tolstoi gehören.

"Wann, wenn nicht jetzt" von Primo Levi. Ein militant-brillianter Roman über Krieg und Diskriminierung aber auch über die Schwierigkeiten des Sieges. In dem Buch steckt mehr als in allem, was sämtliche Antideutsche je hervorgebracht haben (und noch hervorbringen werden).

"Weiter leben" von Ruth Klüger. Die sachliche Leichtigkeit in der diese persönlichen Erinnerungen an den Holocaust beeindrucken, entlastet die LeserInnen erfreulicherweise gar nicht von der Empfindung der Schwere des Verbrechens und ggf. dem der (kollektiven) Schuld.

P.S.: Alles von B.Traven ist lesenswert. Die Deutschen haben schon immer viel zu viel Zeit mit Karl May verschwendet....
P.P.S.: Es gibt keine Kickbacks von Booklooker für die Links zu deren Bücherangebot. Ihr/Euer MediaWatch-Redakteur mag eben Amazon einfach überhaupt nicht....

Donnerstag, 16. April 2020

"Die Salzstadt" von Li Rui - eine chinesische Familiensaga

Ein Gastbeitrag von Ina Zeuch

"Wünsche deinen Feinden ein interessantes Leben" – dieses chinesische Sprichwort könnte als Motto über Li Ruis ganzem Roman stehen. Ein 'interessantes Leben' ist im chinesischen Sinne kein erfolgreiches, selbstbestimmtes Leben, sondern steht vielmehr für menschliche Schicksale - voller Umbrüche, verhinderter Lebenspläne und Opfer von undurchsichtigen Machenschaften.

Geschmückter Palasteingang in Guilin 
In Li Ruis Familiensaga kommen revolutionäre wie konterrevolutionäre Rachefeldzüge hinzu. Zahlreiche Hinrichtungen, vier Suizide und die unzähligen Verwerfungen der Kulturrevolution durchziehen den Roman, der den Zeitraum von den frühen 1920er bis in die späten 1960er Jahre am Beispiel der Familie Li und der von ihr gegründeten Stadt Yincheng behandelt. 

Dienstag, 1. Oktober 2019

China - eine unbekannte Literaturlandschaft

Wie immer bestehen die Reisevorbereitungen Ihres/Eures ergebensten MediaWatch-Redakteurs vor allem in der Erkundung des literarischen und filmischen Schaffens, das im Zielland bedeutend erscheint. Selbstverständlich ist dieser Blick in Bezug auf China (denn da soll es dieses Mal hingehen) sehr stark eingeschränkt: Da spielt vor allem der Sprachfilter eine große Rolle, auch wenn Übersetzungen ins Englische mitgerechnet werden, die häufiger sind als ins Deutsche. Hinzu kommt, dass westliche Verlage bevorzugt kritische und/oder indizierte Werke (häufig von AutorInnen, die im Exil leben) veröffentlichen, so dass insgesamt ein schräges Bild der chinesischen Literatur- und Filmlandschaft entsteht.

Montag, 22. Juli 2019

Ein Traum von Freiheit

Ein Gastbeitrag von Ina Zeuch

Freetown heißt die Hauptstadt von Sierra Leone – ein Name, der Hoffnung und Sehnsucht nach Freiheit verrät, vom Aufbruch befreiter Sklaven kündet, die nach Afrika zurückkehrten in die langersehnte Selbstbestimmung. Aber wie war es wirklich?

Wie immer gibt es davon wenig Selbstzeugnisse - weder von den persönlichen Schicksalen der circa 11 Millionen verschleppten Afrikaner und noch weniger über ihr Leben als befreite Sklaven, das sie durch harte niedere Arbeiten in unterprivilegierter Stellung fristeten.


In seinem Roman "Der Nubier" verfolgt Syl Cheney-Coker die Geschichte des fiktiven Orts Malagueta über knapp 200 Jahre. Cheney-Coker beschreibt das Leben der Rückkehrer, die mit einem selbst finanzierten Schiff von Kanada ins ‚gelobte Land‘ übersetzen und dort siedeln. Der Roman mit dem weit weniger klischeehaften Titel "The Last Harmattan of Alusine Dunbar" erschien 1990 in deutscher Sprache.

Malagueta steht unverkennbar für Freetown, die Hauptstadt Sierra Leones. Coker stammt selbst aus Sierra Leone und so wie der Roman "Roots" des Afro-Amerikaners Alex Haley die Geschichte seiner Vorfahren recherchierte und zum Stoff für seinen Roman machte, so arbeitet Coker die Geschichte der ersten Siedler ehemaliger Sklaven in seinem Land auf.

Mittwoch, 9. August 2017

Literarische Vorbereitungen, zweiter Teil

Im Zuge der Reisevorbereitungen für Java, Indonesien, gilt es auch, literarische Werke von indonesischen AutorInnen zu lesen. Dabei - und bei den folgenden Synopsen - geht es allerdings nicht um literarische Qualität sondern um den Versuch, etwas über Land und Leute zu erfahren. Wer den ersten Teil der literarischen Reisevorbereitungen nachholen möchte, klicke bitte hier.

Laksmi Pamuntjak zeichnet in "Alle Farben Rot" ein erfreulich detailliertes Bild von den Vorgängen in Indonesien nach der Unabhängigkeit. Ausgehend von der Situation auf der zu den Mollukken gehörenden Gefängnisinsel Buru wird ein weiter Bogen gespannt, in dem auch viele Zwischentöne in der Entwicklung des Vielvölkerstaats anklingen. Hier wird von den Landkonflikten berichtet, die (nicht nur) auf Java bedeutsam waren (und sind). Wir erfahren, dass die Ideale der Linken vielleicht durchaus ihre Berechtigung hatten und dass Indonesien aus einer Vielzahl von Parallelwelten zusammengesetzt ist, auf der sehr unterschiedliche Kulturen existieren. Diese werden nicht nur erwähnt, sondern eine solche exemplarisch auch geschildert. Es wird deutlich, dass an relevanten Stellen Spitzel von Polizei und Militär installiert sind, dass diese durchaus miteinander konkurrieren und dass das die Suche nach einem Dissidenten nicht gerade einfacher macht.
Wer zudem auch etwas über die Grundlagen der javanischen Kultur erfahren will - die Namen der Protagonisten sind der Mahabharata entliehen - und Kulturtipps sucht, wird in Pamuntjaks Werk immer wieder fündig. Nur die Überhöhung der HeldInnen und ihrer Liebe zueinander wird den meisten westlichen LeserInnen vermutlich kitschig vorkommen.


Mittwoch, 26. Juli 2017

Literarische Vorbereitungen

Im Zuge der Reisevorbereitungen für Java, Indonesien, gilt es auch, literarische Werke von indonesischen AutorInnen zu lesen. Dabei - und bei den unten folgenden Einlassungen - geht es nicht um Buchkritik und literarische Qualität sondern um den Versuch, etwas über Land und Leute zu erfahren. Deshalb kamen auch nur Romane auf den Nachttisch, deren UrheberInnen mindestens zum Enstehungszeitpunkt der jeweiligen Arbeit ständig im Land gelebt haben.
Denn die Kritik von ExilantInnen an den Zuständen in ihrer Heimat ist wohlfeil. Wer ein wenig über die jüngere Geschichte Indonesiens weiß, ahnt sicher, dass es nicht einfach ist, offen Stellung zu beziehen, wenn man vor Ort lebt und arbeitet. Bei Wikipedia heißt es dazu (Hervorhebung durch die Red.):
Die Massaker in Indonesien 1965–1966 waren ein Massenmord an Mitgliedern und Sympathisanten der Kommunistischen Partei Indonesiens (PKI) und chinesischstämmigen Bürgern (...)
Die Geschehnisse wurden in der Orde Baru [zu deutsch etwa 'Neue Ordnung'] systematisch verklärt und sind innerhalb der indonesischen Gesellschaft nahezu unaufgearbeitet. Die Diskriminierung der Opfer dauert bis heute an. Seit mehreren Jahren kämpfen Opferverbände um Aufklärung, Rehabilitierung und Entschädigung. 
(Wer wirklich mehr darüber wissen will, sollte die Filme "The Act of Killing" und "The Look of Silence" gucken.)

Freitag, 16. Juli 2010

Ein wenig Sommerliteratur

Olufemi Terry, Journalist und Schriftsteller aus Sierra Leone hat den Caine-Preis für afrikanische Literatur gewonnen. Die Jury zeichnete seine Erzählung "Stickfighting Days" (Tage der Stockkämpfer) aus. Der Preis ist mit 12.000 Euro dotierte und gilt als wichtige Auszeichnung für englischsprachige afrikanische Literatur. Diese Erzählung (und die seiner MitbewerberInnen) wird vom Caine-Preis freundlicherweise als PDF-Download zur Verfügung gestellt.

Ebenfalls auf der Liste der Jury standen: