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Montag, 23. Mai 2016

Nur konsequent

Die EU will dem Sudan Materialien liefern, damit die dortigen Behörden Menschen erkennungsdienstlich behandeln und ggf. Flüchtlinge identzifizieren können. So etwas bringt SPON natürlich nur in der internationalen Ausgabe... Unbedingt lesen.

Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) soll die Umsetzung leisten. Seit 2014 ist die Durchführungsorganisation wieder in Khartoum aktiv.

MediaWatch meint, dass es nur konsequent ist, mit Staaten zu kooperieren, deren Oberhäupter wegen mutmaßlicher Menschenrechtsverbrechen steckbrieflich gesucht werden, wenn man selbst plant, das Menschenrecht auf Asyl endgültig zu den Akten zu legen. Der Kuhhandel mit der Türkei ("Merkels Flüchtlingspakt") und das Gerangel um die sogenannten sicheren Herkunftsländer weisen bereits genau in diese Richtung.


Auch wenn es illegal wäre, Omar al-Bashir zu verhaften und einen Prozess am Internationalen Strafgerichtshof gegen ihn anzustrengen, so lange der Mann amtierender Präsident ist, heißt das noch lange nicht, dass man jetzt gemeinsam mit so einer Figur auf den Menschenrechten herumtrampeln sollte.

Ein Ziel der Entwicklungszusammenarbeit war doch eigentlich, die Lebenssituation von Menschen zu verbessern damit sie nicht mehr zu flüchten brauchen. Nun gibt's Geld für zweifelhafte Gestalten, damit die Menschen es erst gar nicht mehr bis hier schaffen.

Donnerstag, 1. Oktober 2015

Mehr als alles

Ihr/Euer ergebenster MediaWatch Redakteur hat in den letzten Monaten das Sektorvorhaben Werte, Religion und Entwicklung der Gesellschaft für Internationale Zusammen (GIZ) bei dessen ersten Veröffentlichungen nach Kräften unterstützt. In der Selbstdarstellung des Vorhabens heißt es:
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat daher das Programm Werte, Religion und Entwicklung eingerichtet. Es wird von der GIZ umgesetzt, um das Thema Religion systematischer in die Entwicklungspolitik zu integrieren: Die Kompetenzen im Umgang mit dem Thema sollen erhöht werden und die Potenziale von Religion für eine erhöhte Wirksamkeit der deutschen Entwicklungszusammenarbeit erkannt und einbezogen werden.
In der Einleitung der Broschüre "Mehr als alles" wird das Anliegen allgemeiner formuliert:
Eine Entwicklungspolitik, die den einzelnen Menschen in den Blick nimmt, muss auch dessen Kultur, Religion und Weltanschauung ernst nehmen. In unserer heutigen vernetzten Welt leben die meisten Menschen unter Bedingungen, die von kultureller und religiöser Vielfalt gekennzeichnet sind. Kultur und Religion können und sollten helfen, für die Stärkung von gegenseitigem Respekt und gegenseitiger Toleranz zu werben.
Die Broschüre hat die Form eines Folders und enthält neben grundlegenden Informationen eine ganze Reihe von Einzelblättern mit Projektbeispielen, die um Interviews und Stellungnahmen zu Wertevorstellungen und einzelnen Glaubensbekenntnissen ergänzt sind. Eurem/Ihrem MediaWatch-Redakteur haben besonders die Beispiele zu Ebola und dem Libanon imponiert. Aber auch Umweltbewusstsein lässt sich in Zusammenarbeit mit Religionsführern besser vermitteln, wie es in Jordanien und Algerien praktiziert wurde.

Die Mappe ist auch in englischer Sprache erhältlich. Die Arbeit wird fortgesetzt und der Folder um weitere Elemente ergänzt.

Freitag, 3. Mai 2013

Niebels Bilanz

Bayern ist überall. Mindestens 40 Amigos ("FDP-nahe Mitarbeiter") hat Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel in seinem Ministerium in den letzten Jahren eingestellt. Das ARD-Magazin Monitor nennt das ein "Versorgungsparadies" und ein "liberales Wohlfahrtsministerium". Wichtig: In einem FDP-Strategiepapier wird unverblümt gefordert, "jede dritte Stelle mit einem FDP-Mitglied zu besetzen". Wieder mal ein Klasse Beitrag von Monitor. Unbedingt ansehen.

MediaWatch hält es für eine gute Idee, genau in diesem Kontext auf das neue Weißbuch zur Entwicklungspolitik hinzuweisen. Darin wird die entwicklungspolitische Arbeit der schwarz-gelben Bundesregierung unter anderem so beschrieben:
Mehr Wirksamkeit und Effizienz sind Kernanliegen der neu ausgerichteten Entwicklungspolitik der Bundesregierung.

Freitag, 26. April 2013

Entwicklung ist, was Profit abwirft

- und zwar bei deutschen Unternehmen.
"Leistungen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit für die Wirtschaft" heißt ein Papier des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit, das klipp und klar aufzählt, wofür Entwicklungszusammenarbeit nach Meinung der im Auswärtigen Amt und im Bundesministerium für wirtschaftliche Zuasmmanrbeit regierenden FDP-Minister da ist. In der Einleitung heißt es:
Sie wollen sich in einem Entwicklungsland engagieren? Was ist Ihr Motiv? Der Export in neue Märkte, der Import aus schwierigen Ländern? Planen Sie eine Investition in eine Tochtergesellschaft oder suchen Sie die Möglichkeit einer ethisch motivierten Kapitalanlage im Rahmen ihres Corporate ­Social ­Responsibility­ Engagements? Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit bietet ein attraktives Spektrum an Finanzierungsinstrumenten, Begleitmaßnahmen, Beratung und Kooperationsmöglichkeiten.
Der Trend ist nicht neu, und von der FDP kann wohl auch wenig anderes erwartet werden - vgl. dazu auch den Blogeintrag "Enge Verzahnung" vom Februar 2013. In der Aufzählung unten sind all die Angebote zusammengefasst, die von der GIZ geleistet werden; die Entwicklungsbanken bleiben ausgespart. Denn MediaWatch hält es für unsauber, Außenwirtschaftsförderung mit Geldern zu betreiben, die gegenüber der Öffentlichkeit als Mittel zur Armutsbekämfung ausgegeben werden. Für die Wirtschaft ist das Wirtschaftsministerium da. Oder reicht der Etat von Philipp Rösler (ebenfalls FDP) dazu nicht aus?

Mittwoch, 24. Oktober 2012

Für die Akten

Aus prinzipiellen Erwägungen sei hier auf die Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der  Fraktion die Linke (Drucksache 17/10721, PDF) hingewiesen, in der nach einer Kooperationsvereinbarung zwischen der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und dem Bundesverteidigungsministerium (BMVg) vom 7. Juni 2011 gefragt wurde (MediaWatch berichtete).

Die Anfrage hat nicht Neues erbracht, denn auch ein Jahr nach Inkrafttreten der Vereinbarung sind deren wesentlichliche Inhalte (Informationsaustausch, Training, Weiterbildung etc.) laut Bundesregierung "bisher noch nicht angewandt" worden oder es haben keine zusätzlichen Aktivitäten stattgefunden.

Diese Non-Meldung erscheint hier, weil MediaWatch es für geboten hält, zu den Akten zu vermerken, dass keine der deutschen und internationalen entwicklungspolitische NRO es gewagt oder für nötig befunden hat - man weiß nicht, was schlimmer ist-, das Thema aufzugreifen, geschweige denn Kritik zu äußern (G-Suche). Die Redaktion ist dankbar für sachdienliche Hinweise die das Gegenteil belegen.

Donnerstag, 8. September 2011

Deutschlands Entwicklungshilfe mit Herz

Dieser Post beginnt mit einem Nachtrag: Bereits im Juni ist in Berlin durchgesickert, dass Bundeswehr und die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) einen Kooperationsvertrag (Pressemitteilung des BMVg) geschlossen haben. Das berichtet Telepolis. Darin gibt es einige durchaus kribbelige Vereinbarungen. Unter anderem ist dort  von einem "Austausch von Informationen zu Einsatzgebieten und zu Regionen bzw. Ländern, in denen die Bundeswehr zukünftig voraussichtlich stärker gefordert sein wird" die Rede.

Auch will man sich gegenseitig trainieren und weiterbilden: Die GIZ soll "Soldaten zur Vorbereitung auf Auslandseinsätze über das entwicklungspolitische Umfeld im Einsatzgebiet" schulen und umgekehrt sollen die "Entwicklungshelfer von der Infrastruktur der Bundeswehr" profitieren. "Das gilt sowohl im Inland, wie bei vorbereitenden Trainings, als auch im Einsatzland selbst."

Dienstag, 4. Januar 2011

Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit

Pünktlich zum ersten Werktag im neuen Jahr landete die erste Pressemitteilung der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) im Posteingang. Darin heißt es:
Weltweit ist die GIZ in mehr als 130 Ländern tätig. Ihren Sitz hat die GIZ in Bonn und Eschborn. In Deutschland ist sie darüber hinaus in nahezu allen Bundesländern vertreten. Das Unternehmen hat 16.862 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (2010). Die GIZ rechnet für das Jahr 2010 mit Umsätzen und Zuwendungen in Höhe von insgesamt rund 1,9 Milliarden Euro.

Donnerstag, 29. Juli 2010

GTZ-InWEnt-DED Fusion: Was die Betriebsräte fordern

MediaWatchBlog hat sich kürzlich schon einmal beschwert, dass die Belange der ArbeitnehmerInnen in den Mainstreammedien stark unterbelichtet sind. Bevor also die Zusammenlegung der Durchführungsorganisationen der Entwicklungszusammenarbeit (GTZ, InWent, DED) Wirklichkeit wird, hier die Dokumentation der zentralen Forderungen der Betriebsräte aller drei Organisationen im ungekürzten Originaltext (vielleicht werden diese Dokumente zur Beurteilung des Fusionsvorgangs und -ergebnisses ja noch interessant):

Dienstag, 16. März 2010

Bürokratieabbau oder Machtpolitik?

Die geplante Zusammenlegung von GTZ und DED (InWent kommt hier gar nicht vor) wird von Welt online als Bürokratieabbau begrüßt und gleich noch genutzt, um gegen das "rituelle Beschwören der 0,7 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt" zu wettern.

Ernster nimmt dagegen Zeit online die Fusionspläne: "Niebel sorgt mit neuen Vorschlägen für Unruhe", titelt sie und spekuliert:

Sonntag, 7. Dezember 2008

Guinea auf dem Weg zum Schuldenerlass

Eine Reportage von Ina Zeuch

Arm ist, wer sich arm fühlt. Oder wer als arm abgestempelt wird. Die Weltbank-Gruppe hat sich das Motto "Working for a world free of poverty" gegeben und definiert als arm, wer weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag verdient. Ende August zählte die Weltbank in einem neuen Bericht 1,4 Milliarden Erdenbürger zu den Armen - jeder Vierte in den sich entwickelnden Ländern gehört demnach dazu. Zuvor war ein Dollar pro Tag die Richtschnur gewesen. Im westafrikanischen Land Guinea gibt es nicht die krassen Gegensätze zwischen Arm und Reich wie in Indien oder Brasilien. Aber nach Weltbank-Maßstäben leben 40 Prozent der Bevölkerung in absoluter Armut. Der Schuldendienst verschlingt fast ein Viertel der Exporteinnahmen des mit Rohstoffen gesegneten Landes. Um in den Genuss eines Schuldenerlasses zu kommen, wofür politische und wirtschaftliche Kriterien erfüllt werden müssen, hat die Regierung neue Institutionen gegründet und ein Armutsbekämpfungsprogramm aufgelegt, das von der GTZ unterstützt wird. Ina Zeuch hat das Land bereist und für epo.de den folgenden Bericht verfasst.

Familie S. ist durchaus wohlhabend. Sie wohnt in einem großen Gehöft am Ortsausgang von Labé in Zentralguinea. Sie besitzt zwei Autos, beide Kinder fahren Mofas und besuchen das Gymnasium. Doch jeden dritten Tag gibt es keinen Strom und oft wird auch dann keiner geliefert, wenn er angekündigt ist. Zudem gibt es kein fließendes Wasser, das daher jeden Tag in Kanistern herangeschafft wird. Deshalb steht der Fernseher mit Videogerät oft verwaist im Schlafzimmer und der Kühlschrank taut ständig auf. Die täglichen Mahlzeiten garen auf dem Holzfeuer – eine alltägliche Situation in Labé.

REICH UND DOCH ARM
Auch Guinea ist eigentlich ein reiches Land: Es besitzt das größte Bauxitvokommen der Welt, daneben gibt es reiche Vorkommen an Eisenerz, Nickel, Gold, Diamanten sowie große Mengen Holz und fruchtbares Ackerland. Trotzdem lag die nominale externe Gesamtverschuldung des westafrikanischen Staates 2005 bei etwa 3,3 Milliarden US-Dollar. Die Abzahlung von Schulden verschlingt derzeit etwa 23 Prozent der Exporteinnahmen.

Aber nicht nur der Staat, auch die Menschen sind bitter arm. 40 Prozent der Bevölkerung leben in absoluter Armut, verfügen nur über höchstens einen US-Dollar pro Tag. Im ländlichen Raum, wo fast 70 Prozent der Bevölkerung leben, beträgt die Anzahl der absolut Armen sogar 53 Prozent. Das Land leidet darüber hinaus unter einer hohen Inlandsverschuldung und zählt zu den am höchsten verschuldeten Ländern der Welt, den sogenannten HIPC-Ländern (Heavily Indebted Poor Countries). Deshalb war Guinea schon im Jahr 2000 für einen Schuldenerlass vorgesehen worden.

Doch noch kann Guinea die vom Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank geforderten Bedingungen dafür nicht erfüllen. Zu diesen Forderungen gehören auch die Möglichkeit demokratischer Partizipation und good governance. Die aus dem Schuldenerlass frei werdenden Finanzmittel sollen zur Armutsminderung eingesetzt werden. Dazu muss ein umfassendes Konzept darüber vorliegen, wo und wie die Gelder eingesetzt werden sollen. Seit Dezember 2000 arbeitet das Land deshalb an der Erstellung eines Dokuments zur Strategie der Armutsminderung, des DSRP (Document pour la Stratégie de la Réduction de la Pauvreté).

DIE ROLLE VON IWF UND WELTBANK
Die Armutsbekämpfungsprogramme (Stratégie de la Réduction de la Pauvreté, SRP) wurden 1999 als neuer Ansatz zur Armutsbekämpfung vom Internationalen Währungsfonds und der Weltbank entwickelt. Sie sehen eine breite gesellschaftliche Beteiligung an der Erarbeitung und Überwachung der Armutsminderungsstrategien vor. Bei der Erstellung des DSRP haben IWF und Weltbank nur beratende Funktionen. Aber die Papiere müssen zum Abschluss den Exekutivgremien beider Institutionen vorgelegt werden und beeinflussen die Entscheidung über einen Schuldenerlass. Dabei legen IWF und Weltbank auf folgende Aspekte besonderen Wert:
  • wirtschaftliches Wachstum und Privatisierung,
  • Dezentralisierung, also regionale Umsetzung von politischen und wirtschaftlichen Maßnahmen sowie die
  • Stärkung der sozialen Grunddienste.
Eine fruchtbare Zusammenarbeit mit den Gebern wird zudem nur durch eine gute Regierungsführung ermöglicht. Der Schwerpunkt der deutsch-guineischen Entwicklungszusammenarbeit ist seit jeher die Stärkung gut funktionierender sozialer Grunddienste - und sie ist deshalb stark in das DSRP mit eingebunden.

Ein Armutsminderungsprogramm umfasst drei wesentliche Bestandteile:
  • Analyse der Armut
  • Entwicklung einer angemessenen Strategie und Überwachung
  • sowie Evaluierung der Umsetzung des Programms.
Derzeit stellt die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) vor allem freie Politikberater für das DRSP und finanziert Workshops und Fortbildungsseminare. Bei einem Schuldenerlass würden IWF und Weltbank mit speziellen Unterstützungskrediten jeweils unterschiedliche Reformen finanzieren, die Weltbank im öffentlichen Sektor, der IWF im Bereich der Wechselkurs- und Steuerpolitik.

STÄRKUNG DER ZIVILGESELLSCHAFT
Zunächst aber unterstützen IWF und Weltbank in Zusammenarbeit mit der GTZ seit Mai 2002 die nationale Strategie zur Armutsminderung ASRP (Appui à la Stratégie de la Réduction). Das setzte einen vielfältigen und schwierigen Prozess zwischen Staat und der im Aufbau befindlichen Zivilgesellschaft in Gang. Denn der erste DSRP wies einige Schwachpunkte auf, zum Beispiel die mangelhafte Beteiligung der Zivilgesellschaft und eine unzureichende Zusammenarbeit mit den staatlichen Stellen, denen es an Fachpersonal und guter Organisation fehlte.

Deshalb werden jetzt in einem zweiten Anlauf für das DSRP eine Vielzahl von Fortbildungskursen, Workshops sowie Lang- und Kurzzeitberatungen organisiert, um die vorhandenen Kapazitäten von staatlichen wie nichtstaatlichen Institutionen in die Durchführung zur Armutsbekämpfung voll mit einzubeziehen. Zur Verbesserung bei der Umsetzung und Evaluierung der Armutsminderungsstrategie wurde 2001 eigens das ständige Sekretariat für Armutsbekämpfungsstrategie SSRP (Sécrétariat Permanent de la Stratégie de Réduction de la Pauvreté) gegründet, das der Aufsicht des Wirtschafts- und Finanzministeriums unterliegt. Es arbeitet eng mit dem Ministerium für Planung in Conakry zusammen, die beide wiederum eng mit der GTZ kooperieren.

LABÉ ALS PILOTPROJEKT
Als Pilotprojekt für das DSRP wurde die Heimatregion der Familie S., Labé, mit seinen fünf Präfekturen ausgewählt. Denn einer der Schwerpunkte des Vorhabens ist die Entwicklung der ländlichen Regionen, in denen weit über die Hälfte der armen Bevölkerung lebt.

Der Distrikt zählt zu den ärmsten Regionen des Landes: Mitten im hügeligen und üppig grünen Fouta Djalon gelegen, leben dort fast 40 Prozent Arme. Die Menschen sind in allen Lebensbereichen eingeschränkt - beim Zugang zu Bildung, Gesundheitsdiensten und menschenwürdigem Wohnen mit fließendem Wasser und Strom. Nur 19 Prozent der Menschen in Mittelguinea können Lesen und Schreiben, die HIV-Aids-Rate hat sich zwischen 2001 und 2002 auf dem Land von 1,4 Prozent auf 2,8 Prozent verdoppelt.

Der Zusammenhang von Bildung und Aufklärung ist offensichtlich, aber vielfach sind gerade die Oberhäupter der Familien, die die familiären Entscheidungen fällen, Analphabeten. Nur 42 Prozent auf dem Land besuchen die Schule. Auch die Ungleichheit zwischen Männern und Frauen zeigt sich in den ländlichen Regionen am deutlichsten: Von den erwähnten 70 Prozent Armen unter der Landbevölkerung sind gut 53 Prozent Frauen. Während 67,6 Prozent Jungen eingeschult werden, sind es bei den Mädchen nur knapp 40 Prozent.

FORTBILDUNGEN ZUR FÖRDERUNG LOKALER WIRTSCHAFTSENTWICKLUNG
Vom 7. bis 11. Mai 2007 tagte im Bürgerzentrum Labés ein zweites Seminar zur lokalen Wirtschaftsentwicklung (Développement Économique Local, DEL). Das erste hatte im Dezember 2006 stattgefunden. In ganztägigen Vorträgen und Arbeitsgruppen diskutierten 38 Unternehmer und Vertreter lokaler Verwaltung und Zivilgesellschaft fünf Tage lang Vorschläge für die Gestaltung von Instrumenten zur Umsetzung und Evaluierung einer armutsorientierten DEL-Strategie für die Region Labé. Sie analysierten die staatlichen und privaten Wirtschaftsleistungen und listeten die wesentlichen Hindernisse auf, die die staatliche Verwaltung für lokale Unternehmen in den Weg legt. Zudem wurden hier Situationsberichte von Delegierten aus allen fünf Präfekturen Labés vorgestellt. Um ein konkretes Beispiel vor Augen zu haben, besuchten die Teilnehmer am dritten Tag eine Parfümölfabrik in der Region.

"Damit die Beteiligung aller wichtigen Akteure am DEL-Prozess sicher gestellt ist, werden die Berichte aus den Workshops an alle Teilnehmer und alle zuständigen Personen für Fragen der lokalen Wirtschaftsentwicklung in den Präfekturen und der Region verteilt", erklärt Dr. Jim Bennett, freier Politikberater und Seminarleiter des DEL-Workshops in Labé. "Zudem gehen die Informationen dem nationalen Finanzministerium zu und werden an alle Geberorganisationen verteilt, die in der Region Labé tätig sind. Über die Webseite des Permanenten Sekretariats für die Strategie der Armutsminderung werden diese Informationen auch der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht."

Über die Wirkungen der DEL-Maßnahmen äußert sich Bennett zurückhaltend: "Dazu liegen bislang nur fragmentarische Informationen vor. Diese deuten aber darauf hin, dass sich die Teilnehmer trotz der schwierigen Rahmenbedingungen sehr engagieren, die in den Workshops gemeinsam erarbeiteten und abgestimmten Aktionspläne wirksam umzusetzen"

BRENNPUNKTE VON UNTERENTWICKLUNG IN ARMUTSKARTEN
Um die geforderte Armutsanalyse leisten zu können, wurde eine erste modellhafte Datenerhebung für ländliche Regionen in Labé durchgeführt. Denn wer Armut erfolgreich bekämpfen will, muss wissen, wer wo arm ist. "303 ländliche Gemeinden wurden monatelang von 40 staatlichen und nicht-staatlichen Fachleuten bereist" berichtet Peter Hillen, Leiter des ASRP-Projekts. Sie befragten die Menschen zum Stand der Entwicklung - oder besser gesagt dem eklatanten Stand der Unterentwicklung der Regionen: Über den Zustand der Straßen, ob es überhaupt welche gibt und ob sie auch in der Regenzeit befahrbar sind, über ihren Zugang zu Wasser, Gesundheitsdiensten und Schulen. Dabei ist jedoch noch nichts darüber gesagt, wie die vorhandene Infrastruktur tatsächlich von der Bevölkerung genutzt wird und in welchem Zustand sie sich befindet.

Mit diesen Daten wurde bereits eine erste Armutskarte zur Region Labé erstellt. Denn mit solchen Karten, die die Brennpunkte der Unterentwicklung nicht nur regional, sondern für ganz Guinea aufzeigen würden, "könnten die Geber viel gezielter diejenigen Regionen fördern, die es am dringendsten benötigen", erläutert Peter Hillen weiter. "Denn solche Karten machen auf einen Schlag sichtbar, welcher Bereich in einer Region am stärksten unterentwickelt ist und damit die meiste Unterstützung braucht." Ehrgeiziges Ziel dieses Projekts ist es, in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Planung einen Armutsatlas zu erstellen, der auch die HIPC-Länder Niger und Tschad mit einbeziehen soll.

DIE MILLENIUMS-ENTWICKLUNGSZIELE FÜR GUINEA
Wird die guineische Armutsbekämpfungsstrategie, also das DSRP von IWF und Weltbank akzeptiert, könnte das Land den dringend notwendigen Schuldenerlass erhalten. Damit könnte die Umsetzung für das auf Guinea zugeschnittene Programm zur Armutsminderung (Programme pour la Réduction de la Pauvreté, PSRP) in die Wege geleitet werden. Das hofft auch Mamadou Alpha Diallo, technischer Assistent der GTZ im DSRP-Projekt in Conakry: "Das gemeinsame Vorhaben von IWF und Weltbank soll die neue Basis für die Aufnahme Guineas in den Schuldenerlass der HIPC-Initiative bilden, mit dem dann ein PSRP aufgelegt werden kann".

Die konkreten Zielsetzungen sind an die Millenniums-Entwicklungsziele angelehnt. Für Guinea würde das bedeuten, dass
  • die Kindersterblichkeit bis 2010 um 50 Prozent auf 70 Todesfälle unter 1000 Kindern unter fünf Jahren gesenkt,
  • die Müttersterblichkeit von 300 Todesfällen je 100.000 Lebendgeburten im Jahr 2005 bis 2010 auf 200 reduziert werden soll und100 Prozent statt wie bisher nur 80 Prozent der Bevölkerung in 2010 Zugang zu sauberen Trinkwasser bekommen soll.
  • Außerdem soll die finanzielle Armut in den ländlichen Regionen von 40 Prozent in 1995 auf 30 Prozent im Jahr 2010 vermindert werden.
Auch die Einschulungsrate und die Abschlussquoten für die Grundschule sollen erheblich verbessert werden. Doch der Weg bis zur Erreichung dieser Ziele ist noch weit, denn good governance ist bei weitem keine Selbstverständlichkeit in Guinea. Die Willkür des Präsidenten Lansana Conté empörte die guineische Bevölkerung so sehr, dass sie im Februar 2007 durch einen mehrwöchigen Generalstreik eine Regierungsumbildung erzwang, bei der alle Ministerposten neu besetzt wurden. Der ungeliebte Präsident allerdings blieb. Dennoch bleibt die Hoffnung, dass die konstruktive Zusammenarbeit des guineischen Staates mit dem PSRP dazu beiträgt, die Beseitigung der Armut endlich in großem Stil in Angriff nehmen zu können.

Der Beitrag ist zunächst bei Entwicklungspolitik Online erschienen.