Montag, 31. Mai 2021

Fundstücke CCXCVI

Chile: Fast 35 Jahre wird es dauern, bis das toxische neoliberale Erbe der Pinochet-Diktatur und der Chicago Boys endlich, endlich Geschichte wird (NDS). Mut macht der Erdrutschsieg neuer linker Gruppierungen und der Kommunisten bei der Wahl zur verfassunggebenden Versammlung und den Kommunalwahlen - trotz geringer Wahlbeteiligung von nur 37 Prozent (NZZ). Denn die überkommenen Kräfte halten für die Verabschiedung der neuen Verfassung nicht einmal mehr eine Sperrminorität von einem Drittel der Stimmen.
MediaWatch meint: Da muss man sich schon wieder Sorgen machen, dass die US-Regierung wieder mal ihre Kettenhunde von der Leine lässt, um in ihrem "Hinterhof" für "Ordnung" zu sorgen.

Chinas Blick auf deutsche Großmachtphantasien expliziert der Freitag erfreulich kompetent.

Sudan: Jetzt gibt's wieder Kohle (t-online). Die Gläubigerländer wollen Karthum zwischen vier und fünf Mrd. US-Dollar Schulden erlassen. Ende Juni soll die Entscheidung fallen. Vorausgegangen war ein wirtschaftspolitischer (2) und ein politischer Kotau des Sudan vor den USA. Die Übergangsregierung unter Ministerpräsident Abdallah Hamdok zahlte immerhin 335 Mio. US-Dollar an Washington und wurde dafür von der US-Terrorliste gestrichen. ntv schreibt:

"Die Entschädigungszahlung gilt dem Vernehmen nach US-Überlebenden und Angehörigen der Opfer der Terroranschläge auf die amerikanischen Botschaften in Tansania und Kenia im Jahr 1998."
Tansania: Der Bau des Julius Nyerere Dammes in Zentraltansania geht in seine entscheidende Phase (Al Ahram online). Zur Geschichte des 1901 von einem Deutschen erstmals angedachten Projekts findet sich eine Mnege bei wikipedia engl.
Die Afrikanische Entwicklungsbank leiht für ein weiteres Staudammprojekt (am Malagarasi, ein Zufluss zum Tangajika-See) 140 Mio. US-Dollar (East African).

Mali: Acht Monate (MediaWatch berichtete) nach ihrem Putsch "korrigieren" die Militärs Personalentscheidungen der zivilen Interimsregierung, indem sie Verantwortliche verhaften und selbst die Macht ergreifen.  Die ARD gibt sich ratlos. Wer warum streikt und warum das Land den Bach runter geht, wird nicht einmal im Ansatz versucht zu erklären.

Antisemitismus: Für schlimme Diskreditierungen von DemonstrantInnen gibt sich der ARD "Faktenfinder" her. "Das Motiv vom "Kindermörder Israel" geht ... auch zurück auf die sogenannte Ritualmord-Legende", zitieren die Faktenfinder "Experten" und beschwören gruselige mitteleuropäisch-mittelalterliche Gespenster. Haben die "Faktenfinder" die DemonstrantInnen gefragt, warum sie diesen Slogan skandieren? Sicher nicht, denn sonst hätten sie riskiert, zu hören zu bekommen, dass die israelische Armee tatsächlich regelmäßig Minderjährige tötet - wohlgemerkt auch außerhalb von Kriegshandlungen....

P.S.: In Israel laufen derzeit Massenverhaftungen von israelischen Arabern (+972). Davon werden nur die etwas mitkriegen, die oppositionelle Medien nutzen.

Gesundheit/Covid-19: Wer einen Splitter der Covid-19 Impf-Wirklichkeit im Globalen Süden auffangen möchte, sollte diesen Hintergrund in der Dawn überfliegen: "All you need to know about Covid vaccines in Pakistan". Spoiler: Astra Zeneca wird nicht näher beschrieben, US-amerikanische Impfstoffe kommen gar nicht erst vor.
China hat mittlerweile 700 Millionen Impfdosen exportiert, die USA erst 3 Mio. Damit sieht es so aus, als habe China nicht seine im Winter abgeschlossenen Verträge bedienen können sondern darüber hinaus auch neue Lieferungen vereinbart und abgewickelt.
Die WHO hat übrigens die reichen Länder gebeten, Kinder und Jugendliche zunächst nicht gegen Covid-19 zu impfen und die dafür vorgesehenen Impfdosen statt dessen Entwicklungsländern zur Verfügung zu stellen (!). 


High-tech Handelskrieg: Welche Hürden China noch zu überwinden hat, bevor es durch Drohungen, es von der US-dominierten Chipherstellung abzuschneiden, nicht mehr erpressbar sein wird, erläutert ausführlich und kenntnisreich der japanische Wirtschaftsdienst Nikkei. Hat tip Makronom.
Spoiler: China arbeitet mit Hochdruck an dem Problem, aber der Weg ist noch weit.

Brexit: Der Kahlschlag bei der britischen Entwicklungszusammenarbeit geht weiter.
MediaWatch ist überzeugt, dass Global Britain sich damit ins eigene Fleisch schneidet.

1 Kommentar:

  1. Sudan: Zum Kotau vor den westlichen Geberländern und dem IWF gehört auch, dass die Energie-Subventionen nun gestrichen werden. In derart verarmten Gesellschaften lösen solche "Reformen" meist Preisschocks und Proteststürme aus.

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