Donnerstag, 3. Dezember 2020

Fundstücke CCLXXXIX

Kolumbien: Telepolis zieht eine ziemlich erschütternde Bilanz des "Friedens"abkommens zwischen der Regierung und der FARC, das gerade vier Jahre alt geworden ist. Unbedingt lesen.

Sambia kann seine 2012 begebenen Eurobonds nicht mehr bedienen. Für diese Entwicklung wird im Westen gerne China angeklagt (etwa hier in der Welt). Tatsache bleibt aber, dass vor allem westliche Banken und Institutionen für die Überschuldung Sambias verantwortlich sind. Der südafrikanische Mail&Guardian hat die Details.

Libyen/Waffenembargo: Die ARD spinnt in Treue fest die Geschichte von Deutschland als dem guten Hirten im Mittelmeer, der die bösen Türken an ihrer schlimmen Interventionspolitik hindert. Der Freitag macht lieber darauf aufmerksam, dass kein NATO-Land die Schiffe eines NATO-Partners ohne dessen Zustimmung kontrollieren darf und bezeichnet die gesamte Aktion schlichtweg als PR-Stunt. In diesem Sinne ist der ARD-Bericht nur konsequent.

Indiens Bauern protestieren (DW). Das geht schon wochenlang so, wie wir aus der Tatsache schließen können, dass ein Bericht im ND von Mitte Oktober stammt. Aber was kratzt es den deutschen Mainstream schon, wenn Millionen aufgebrachter Bauern gegen ein Gesetz der hindunationalistischen Zentralregierung in Delhi protestieren. Da müsste es schon ein wenigstens paar Tote geben.
The Hindu hat Details und sprechende Bilder und bringt keine neoliberale Doktrin. Wenn man hier genau hinhört, wundert man sich, warum nicht auch die VerbraucherInnen schon längst auf den Barrikaden sind, denn auch die Preiskorridore für eine Reihe Grundnahrungsmittel werden abgeschafft.


Atomare Aufrüstung: Die neue US-Regierung hat im Februar nur wenige Tage Zeit um das Steuer in Bezug auf die Begrenzung und Kontrolle atomarer Rüstung herumzureißen. Das wird schwierig, ebenso wie der angestrebte Wiedereintritt der USA in das Iran-Atomabkommen (MK Bhadrakumar).

Steuern/Soziale Entwicklung: Dass die Verteilung der Steuerlasten über die Entwicklung von Ungleichheit in einer Gesellschaft entscheidet und weniger die Sozial- oder Bildungspolitik, kann man bei Makronom nachlesen. Eine Abrechnung der anderen Art mit der Schröder/Fischer-Regierung.

Wirtschaft/unilaterale Sanktionen: Russland hat die Vereinten Nationen gebeten, eine Untersuchung zu der Frage zu starten, welche wirtschaftlichen Schäden unilaterale (nicht vom UN-Sicherheitsrat per Beschluss gedeckte) Sanktionen eigentlich nach sich ziehen (TASS).
Hintergrund sind die einseitig verhängten Sanktionen gegen Russland, die auch die Bevölkerung treffen. Und das sollen sie wohl auch, denn das Atlantic Council etwa vermerkt selbstzufrieden ["Russia Sanctions Bite", Links im Original]:

The International Monetary Fund (IMF) estimated in 2015 that Western sanctions and Russian counter-sanctions reduced Russian real gross domestic product (GDP) initially by 1–1.5% (...) In 2019, the IMF estimated that sanctions reduced Russia’s growth rate by 0.2 percentage points every year in 2014-2018.

Covid-19/TRIPS: Die reichen Länder weigern sich, ihre geistigen Eigentumsrechte an Covid-19 Medikamenten auszusetzen, damit alle Menschen im Kampf gegen die Seuche mit preiswerten Generika versorgt werden können. Ein entsprechender Antrag wurde am 20. November in der Welthandelsorganisation WTO abgeschmettert (Al Jazeera mit einer Meldung von Reuters). 99 der 164 Mitgliedsstaaten waren für eine Aussetzung der Rechte gewesen; EU und USA natürlich dagegen. Medienwirksam "Sorgen" (BBC) macht sich die Kanzlerin statt dessen lieber auf einem virtuellen G20-Treffen. Die Sorge von Angela Merkel um eine global auch nur halbwegs gerechte Verteilung der Impfstoffe ist berechtigt.

Landwirtschaft/Hunger: Zusammen mit Partnern aus Wissenschaft und Umweltbewegung hat die Deutsche Welthungerhilfe die Entwicklung des sogenannten Food Security Standard (FSS) abgeschlossen. Die ist im Kern ein Katalog von 45 direkt und vor Ort messbaren Kriterien, mit denen die Einhaltung des Rechts auf Nahrung in der Agrarproduktion erfasst werden kann. Das Tool ist dafür gedacht, in bereits existierende Standards (z.B. biologisch organische Produktion oder den fairen Handel) integriert zu werden. Der FSS ist auf sämtliche Agrarprodukte anwendbar (also z.B. auch für Palmöl, das in der EU als Biosprit verwendet wird) und kann unabhängig von der weiteren Verwendung, der Farmgrößen oder dem Geschäftsmodell angewandt werden.
Für die WHH und ihre Partner sind die Kriterien glücklicherweise kein sorgfältig gehütetes Geschäftsgeheimnis, so dass jedeR Interessierte einen Blick hinter die Kulissen werfen kann. Etwa 70 Prozent der Hungernden weltweit lebt auf dem Land. 

Pflegenotstand/Migration: Correctiv.org hat einen ordentlich gemachten Hintergrund zur Anwerbung ausländischer PflegearbeiterInnen abgeliefert.
Doch auf den entscheidenden Trichter kommen die Kolleginnen nicht: Dass die Anwerbung von Gesundheitspersonal den Gesundheitssystemen der Entsendeländer schadet (Stichwort brain drain). Vor allem aber würde diese Form der Migration überhaupt nicht gebraucht, wenn Gesundheitsfachleute in Deutschland vernünftig bezahlt zu zumutbaren Bedingungen arbeiten könnten (1), (2), (3). 

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