Donnerstag, 26. November 2020

Humanitäre Hilfe im Kampf gegen Damaskus

Humanitäre Hilfe war und ist nie ein neutral. Das lässt sich derzeit exemplarisch für Syrien nachweisen. Wie das Auswärtige Amt humanitäre Hilfe für seinen Kampf gegen die syrische Zentralregierung nutzt und dabei bedeutende Fakten gezielt unterschlägt, soll hier exemplarisch dargelegt werden. 

Hilfe könne die Menschen im Nordwesten Syriens "nur über die Türkei erreichen" heißt es da. Der Name der Exklave "Idlib" fällt überhaupt nicht. Verschwiegen wird auch, dass die Hilfe über die Türkei nur deshalb möglich ist, weil die Türkei die Region kontrolliert (oder zumindest zu kontrollieren versucht). Dass humanitäre Hilfe hier also vor allem Ankara bei seinen neoimperialen Bestrebungen von der Mühsal entlastet, etwas gegen das Elend in den besetzten Regionen zu unternehmen, ist eine naheliegende Schlussfolgerung.

Völlig außer Acht gelassen wird zudem der Umstand, dass Idlib eine Hochburg des islamistischen Terrors ist. Das kann man nicht nur bei der TASS und RT-Deutsch nachlesen, dieser unangenehmen Wahrheit kann sich auch tagesschau.de nicht entziehen.
Das soll nicht heißen, dass die Menschen dort nicht unterstützt werden dürfen. Der Hinweis soll nur belegen, dass hier (wie so oft) mit zweierlei Maß gemessen wird.
Allerdings muss sich das AA fragen lassen, ob es in diesem Kontext billigend in Kauf nimmt, dass auch Terroristen von den Zuwendungen profitieren können. Da man selber nicht vor Ort ist, bleibt es den türkischen Partnern überlassen, darüber zu entscheiden.

Schließlich wird völlig unterschlagen, dass die Zusammenarbeit in Damaskus weiterhin tabu ist und gegen Syrien vom Westen nach wie vor Sanktionen verhängt (2) sind - als ob es dort nicht kalt würde, keine Flüchtlinge (UNHCR) gäbe und keinen Hunger (WFP).

Hier also die Pressemitteilung des Auswärtigen Amtes im Volltext und eine Karte der Region

Zur Unterstützung des Auswärtigen Amts für den Grenzübergreifenden humanitären Hilfsfonds für Syrien der Vereinten Nationen erklärte Außenminister Heiko Maas heute (25.11.):
Der Winter steht vor der Tür, die Temperaturen sinken und das Wetter wird schlechter – auch im Nordwesten Syriens, wo die humanitäre Lage katastrophal ist und  etwa 2,7 Millionen Binnenvertriebene auf humanitäre Hilfe angewiesen sind. Das um sich greifende Corona-Virus verschärft die Situation noch weiter. Wenn es dort kalt wird, ununterbrochen regnet oder gar schneit, wird die Situation in den oftmals mehr als unzureichenden Unterkünften schnell lebensbedrohlich. Deshalb bleibt es wichtig, dass die internationale Gemeinschaft hilft.
Damit aus einem Wintereinbruch kein Todesurteil wird, stellen wir weitere 20 Millionen Euro Winterhilfe für den Grenzübergreifenden humanitären Hilfsfonds für Syrien der UN bereit. Denn die Hilfe kann die Menschen in Nordwestensyrien nur grenzüberschreitend aus der Türkei erreichen.
Klar bleibt: humanitäre Hilfe rettet Leben in der Not, aber kann den Konflikt in Syrien nicht politisch dauerhaft lösen. Deutschland unterstützt deshalb weiter die Bemühungen des UN-Sondergesandten Pedersen um einen politischen Prozess zur Lösung des Konflikts. 
Hintergrund
Deutschland unterstützt den sog. Grenzübergreifenden humanitären Hilfsfonds für Syrien der Vereinten Nationen (Syria Cross-Border Humanitarian Fund, SCHF) [Teil von UN-OCHA; die Red.] mit zusätzlichen 20 Mio. Euro für Winterhilfe (10 Mio. Euro in 2021, 10 Mio. Euro für 2021). Der Fonds wird von UN OCHA verwaltet.
Die Hilfe wird insbesondere über syrische NGOs sowie über internationale NGOs und UN Hilfsorganisationen an die bedürftige Bevölkerung im Nordwesten Syriens verteilt. Die Maßnahmen beinhalten u.a. die Beschaffung winterfester Unterkünfte, die Verteilung von Matratzen, Decken, warmer Kleidung, Öfen und Brennstoff, die Trinkwasserversorgung sowie die Verbesserung der hygienischen Lebensumstände der Menschen.
Mit dieser Zuwendung hat Deutschland den SCHF in 2020 mit insgesamt 40 Mio. Euro unterstützt (2019: 26,7 Mio. Euro) und ist damit größter Geber für diesen Fonds.

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