Mittwoch, 3. Juli 2019

Fundstücke CCLXXII


Sudan: Al Jazeera bringt ein interessantes Meinungsstück über die neuen Militärherrscher im Sudan. Beim Lesen muss allerdings beachtet werden, dass der Sender in Katar sitzt, welches seit zwei Jahren mit Saudi-Arabien im Clinch liegt. Die in dem Artikel heftig und zu Recht kritisierten "Rapid Support Forces" werden aber eben (u.a.) von Saudi 0Arabien unterstützt.

Türkei: Weil es sonst niemand sagt, muss es hier gesagt werden. Die Wahlen für das Amt des Bürgermeisters von Istanbul am 23. Juni waren frei, fair und wiesen eine Wahlbeteiligung von 84,43 Prozent auf. Von einer solchen politischen Legitimität können KommunalpolitikerInnen hierzulande nur träumen. Und ob das Wahlergebnis wirklich den Anfang vom politischen Ende des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan markiert, ist noch lange nicht ausgemacht. Der Wahlvorgang wird jedenfalls das Vertrauen der TürkInnen in ihren Präsidenten und das politische System ihres Heimatlandes stärken. Und die nächsten Präsidentschaftswahlen sind erst für 2023 anberaumt. P.S.: Die Zahl der  KurdInnen, die in Istanbul wahlberechtigt sind, wird auf mindestens 2,25 Millionen geschätzt.

Deal des Jahrhunderts: Die Auftaktkonferenz zum "Deal des Jahrhunderts" ausgerechnet in Bahrain stattfinden zu lassen, wo vor nicht einmal 10 Jahren eine Erhebung der Menschen gegen ihr Regime von Saudi Arabien blutig niedergeschlagen worden ist, hat ein Gschmäckle. Selbst Jahred Kushner, obwohl seinerzeit noch 30 Jahre jung, sollte etwas von den damaligen Vorgängen mitgekriegt haben. Am besten überschreibt Telepolis das Treffen, auf dem es offensichtlich keine konkreten Zusagen gegeben hat als "Irgendwas mit Wirtschaft". Die Crisis Group erklärt, worum es eigentllich ging und  kritisiert den "workshop" noch im gleichen Satz als gescheitert:
If President Donald Trump’s peace team thought they could advance Arab-Israeli rapprochement over the heads of Palestinians through the Bahrain Prosperity to Peace workshop, they were wrong.
Dazu passt der Hinweis auf den gerade erschienenen Humanitären Schnappschuss vom UN-Menschenrechtsbüro UNOCHA, der einen Rückblick auf den April und Mai 2019 in Gaza bietet. MediaWatch begnügt sich an dieser Stelle mit einer Grafik und empfiehlt allen interessierten LeserInnen, die Details bei den Vereinten Nationen nachzuvollziehen.

Handelskrieg: Einen spannenden Artikel über die chinesischen Reaktionen auf die US-Zollerhöhungen bietet das Peterson Institute for International Economics. Dass Peking in dem Konflikt jetzt mit Zollsenkungen gegenüber Drittländern arbeitet, macht die Sache besonders interessant. Das ist kein neues, aber ein probates Mittel, um einen Gegner im Handelskrieg zu treffen, ohne die eigenen KonsumentInnen allzusehr zur Kasse bitten zu müssen.

Ernährungssicherung: Die Welthungerhilfe hat zusammen mit dem Zentrum für Entwicklungsforschung der Universität Bonn und dem WWF Deutschland einen Standard für Ernährungssicherheit (Food Security Standard, FSS) entwickelt. Damit können Unternehmen prüfen, ob für die von ihnen beschäftigten LandarbeiterInnen und Bauern das Menschenrecht auf Nahrung gewährleistet ist. Für die welt-sichten hat Ihr/Euer ergebenster MediaWatch-Redakteur mit Rafaël Schneider, der dieses interessante Projekt verantwortet, ein Interview geführt.
Umfassende Informationen gibt es - in englischer Sprache - bei der Welthungerhilfe.

Globalisierung: Man kann derlei Fakten gar nicht oft genug recherchieren, aufschreiben und nachlesen:
"Between 1989 and 2018, the top one percent increased its total net worth by $21 trillion. The bottom 50 percent actually saw its net worth decrease by $900 billion over the same period."
Common Dreams, hat tip NDS. (Eine angelsächsische billion ist eine deutsche Milliarde; eine trillion sind 1000 Milliarden.)

Whistleblowing: Der Standard aus Wien hat einen "Anonymen Briefkasten" gestartet, in dem man brisante Mitteilungen und Dokumente angeblich ohne Preisgabe der eigenen Identität deponieren kann. MediaWatch fehlen die Fachkenntnisse, um die Sicherheit der Einrichtung zu beurteilen. Außerdem gibt es natürlich keine Garantie für die politische Zuverlässigkeit der Redaktion. Aber die Idee hat etwas und ist sicher nachahmenswert - vielleicht auch für NGOs, die politisch und wirtschaftlich brisante Themen behandeln.

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