Dienstag, 30. August 2016

Wir schaffen das?

Politisches Asyl ist ein Menschenrecht, über das hier nicht gestritten werden wird, weil es unbestreitbar ist.

Und Migration ist nur ein Randgebiet dieses Blogs. Aber an dieser Stelle sei doch einmal an grundlegende volkswirtschaftliche Bedingungen erinnert, unter denen Migration stattfindet. Das Gesetz von der Lohnkonvergenz lehrt, dass die Löhne in Ländern, aus denen Arbeitskräfte abwandern, tendenziell steigen, während die Einkommen der abhängig Beschäftigten in den Aufnahmeländern unter Druck geraten.


Die gewerkschaftsnahe Hans Böckler Stiftung analysiert die Situation für die Zeit der Einwanderung von Millionen Gastarbeitern in die Bundesrepublik denn auch so
Die Hauptprofiteure waren jedoch die Unternehmen in einigen Wirtschaftszweigen. Aus ihrer Sicht weiteten Gastarbeiter das Arbeitsangebot aus, dämpften den Lohnanstieg und sorgten mit ihren niedrigen Stundenlöhnen dafür, dass das wirtschaftliche Wachstum bei hohen Gewinnen aufrecht erhalten werden konnte.
Die Lohnkonvergenz wirkt übrigens auch umgekehrt. Um nur ein Beispiel zu nennen: Aufgrund der vielen indischen Gastarbeiter in etwa den Vereinigten Arabischen Emirate sind die Löhne am Bau in Indien gestiegen.

Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender von Daimler sieht sich selbst natürlich auf Seiten der Scheichs, wenn er seine Sicht von "Wir schaffen das" verbreitet:
Im besten Fall kann es auch eine Grundlage für das nächste deutsche Wirtschaftswunder werden – so wie die Millionen von Gastarbeitern in den fünfziger und sechziger Jahren ganz wesentlich zum Aufschwung der Bundesrepublik beigetragen haben.
MediaWatch aber fragt: Brauchen wir wirlich weiteren Druck auf dei Löhne, nachdem wir in Deutschland schon die letzten 15 Jahre ohne Reallohnsteigerungen auskommen mussten - und das ganz ohne Zuwanderung?

Wohlgemerkt: Wir halten Migration für eine nützliche Sache. Wenn die Löhne in den Heimatländern der MigrantInnen tendenziell steigen und die Rücküberweisungen gleichzeitig die Nachfrage ankurbeln, macht das letztlich allen Seiten Freude. Denn schließlich exportieren wir Deutsche - vornehmlich langlebige Konsumgüter (Autos) und Industrieaurüstungen (Maschinenbau) - in alle Welt. Und bei dem weit verbreiteten Irrglauben deutscher PolitikerInnen an die schwäbische Hausfrau (2),brauchen wir offensichtlich Zuwanderung, um wirtschaftlich überhaupt ins Plus zu kommen.

Doch wie immer gibt es Gewinner und Verlierer. Und verlieren tun gerade die Schwachen in genau den Lohngruppen, die ohnehin schon viel zu schlecht bezahlt werden, um anständig von ihren Löhnen zu leben und die sich nun auch gegen die neue Konkurrenz durchsetzen müssen.

Deshalb gilt: Ebenso wie die Wohlstandseffekte von Freihandel (1, 2) sind die oben genannten Vorteile von Migration nur zu verwirklichen, wenn staatliche Maßnahmen (etwa eine mutige Lohn- und Ausgabenpolitik) diese geschickt flankieren und lenken. Und diesbezüglich herrscht ziemliche Leere - geistig aber natürlich auch finanziell.

Fazit: Sahra Wagenknecht ist also unbedingt zuzustimmen, wenn sie mahnt,
dass die Aufnahme und Integration einer großen Zahl von Flüchtlingen und Zuwanderern mit erheblichen Problemen verbunden und schwieriger ist, als Merkels leichtfertiges 'Wir schaffen das' uns im letzten Herbst einreden wollte.
Was Frau Wagenknecht statt dessen vorschlägt?
Deutschland braucht eine Wiederherstellung der sozialen Infrastruktur und eine Politik, die genug Wohnungen, Arbeits- und Ausbildungsplätze für alle schafft. Statt öffentliche Dienste und Infrastrukturen weiter kaputtzusparen, müssen auch mehr Sozialarbeiter und Psychologen eingestellt werden, die sich um Flüchtlinge kümmern, die in ihren Heimatländern Furchtbares erlebt haben.
Das wäre doch ein Anfang, oder?
Und dann würde das auch mit dem Menschenrecht auf Asyl besser klappen.

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