Montag, 30. März 2015

Mädchen und Frauen weit unten

Drei Fotoausstellungen in Mumbai
mit Hinweisen von Ina Zeuch


Die Kinder von Dharavi – Little Cameras Project
Das Viertel Dharavi im Norden von Mumbai ist der größte Slum Asiens. Aber Vidu Chandan, selbst Photograph, der das Little Cameras Project initiierte, hat eine andere Sicht der Dinge: Er bezeichnet Dharavi als “Asia’s largest small-scale-industry“. Damit entgeht er der üblichen Viktimisierung und gibt den Bewohnern von Dharavi eine produktive Rolle. Und auch wenn es zynisch klingt angesichts der Bilder von den Elendshütten: Die hier leben haben noch so etwas wie eine Wohnung, allerdings immer am Rand des Abgrunds.


Jede unvorhergesehene Ausgabe kann zu tieferer Armut führen, einem Leben auf der Straße, bei dem jeder Zentimeter Bürgersteig oder Brückenunterkunft erkämpft werden muss. Kinder in Daharavi gehen hier nicht zur Schule, sondern zur Arbeit. Denn jeder muss mithelfen, den kärglichen Lebensstandard zu halten. Vidu Chandan organisierte über Freunde und Unterstützer Kameras für die Kinder des Viertels und ermöglicht so eine Insiderperspektive.


Die Fotos eines Außenstehenden hätten sicher die prekären Lebensverhältnisse viel deutlicher ins Visier gebracht. Für die Kinder von Dharavi sind diese Verhältnisse alles, was sie kennen und sie lichten diese nur beiläufig ab. Ihnen selber ist wichtiger, eine Kamera in der Hand zu halten, Geld beim Verkauf ihres Straßenstandes entgegen zu nehmen oder im Vergnügungspark vor einer billig bemalten Kulisse zu posieren. Sie sehen sich nicht als Opfer, sie haben ihr eigenes Leben. Wer aufmerksam genug durch Mumbai läuft, kann Straßenkinder sehen, wie sie ihre am Vortag gewaschenen und auf dem Bürgersteig getrockneten Sonntagskleider an Feiertagen anziehen. Dass diese Menschen nichts mehr zu verlieren haben, wird gerne behauptet. Tatsächlich ist dieses Nichts ihr Leben um das sie täglich kämpfen - auch wenn wir es nicht als solches (an)erkennen können.





Through the Eyes of Girls
Das Vacha Resource Center arbeitet in 17 Slum-Communities, sogenannten bastis in Mumbai und dem District of Thane mit Mädchen und Jugendlichen. Der Hauptfokus bei Vacha liegt dabei auf Gender-Gleichheit und Bildung für Jugendliche und Mädchen in den Slums von und bei Mumbai. In seinem Projekt “Through the Eyes of Girls“ gaben sie wie in “Children of Dharavi“ Mädchen eine einfache Digitalkamera in die Hand, um damit ihren Alltag abzulichten. Aber anders als in “Children of Dharavi“ wurde den Mädchen die Aufgabe gestellt, ihre prekären Lebensverhältnisse festzuhalten. “Most photographers and film-makers continue to be men with women and girls remaining mere subjects”, heißt es in der Begründung zu dem Projekt.





Sudharak Olwe: Das Hurenviertel von Kamathipura
Sudharak Olwes Fotos waren in Mumbai auf dem Kala Ghoda Arts Festival zu sehen. Olwe ist Fotograf und seit vielen Jahren sucht er immer wieder die 11th Lane in Kamathipura, auf, das Viertel der Huren und Hijras in Neu Delhi, in dessen Nachbarschaft er wohnt. Erst nach vielen Jahren packte er seine Kamera aus und traut sich nun, die Menschen in ihrer unmittelbaren Umgebung zu fotografieren. Seine Fragen sind die unseren: ”Who are these women? How do they survive? Why are they forced to live like this?”. Zu ihren Fotos zitiert sie Gedichte des Schriftstellers Namdeo Dhasal, der in diesem Viertel aufwuchs und der die Menschen und ihr Leben in dieser Straße aus den 1970er Jahren beschreibt. “They are my people … these lumpen; I am one of them. My poetry is about life here.“




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