Freitag, 31. Oktober 2014

Fast 25 Millionen Menschen im Sahel bräuchten Lebensmittelhilfen

Die Ernährungssicherheit im Sahel nimmt rasant ab und Mangelernährung zu. Das meldet das Integrierte Regionale Informationsnetzwerk IRIN unter Berufung auf das UN-Büro für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA). Schuld an der Entwicklung sind vor allem die Konflikte in der Zentralfrikanischen Republik, Mali und im Norden Nigerias. Damit hat sich die Zahl der Menschen im Sahel, deren Ernährung nicht mehr gesichert ist, seit letztem Jahr etwa verdoppelt.

Für 6,5 Millionen Menschen zwischen Dakar und Asmara sieht es besonders düster aus: Sie haben jetzt die rote Linie (und dies ist wirklich eine) von unsicherer Versorgung mit Nahrungsmitteln "Phase 2" zu akuter Ernährungskrise "Phase 3" überschritten. Wer von den Fachleuten in "Phase 3" eingeordnet wird, ist bereits gezwungen das Saatgut aufzuessen oder Kredite auf die Ernte im nächsten Jahr aufzunehmen, um heute etwas zu Essen kaufen zu können.

Derzeit vegetieren mehr als 6,4 Millionen akut unterernährter Kinder unter 5 Jahren im Sahel vor sich hin - 1,4 Mio. mehr als Anfang des Jahres und darunter 1,6 Mio. mit schweren Mangelerscheinungen. Besonders hart trifft es die die Kleinkinder und Babies im Nordosten Nigerias, wo sich Boko Haram, die Armee und lokale Milizen blutige Schlachten liefern. Insgesamt sind dort etwa 1,5 Mio. Menschen auf der Flucht - viele sind auch ins Nachbarland Niger geflüchtet.

Auch wenn noch nicht abschließend beurteilt werden kann, wie die Ernte in der Region letztlich ausfällt, lassen die späten und erratische Regenfälle in diesem Jahr doch Schlimmes befürchten. Vor allem ganz im Westen, entlang der Atlantikküste vom südlichen Mauretanien über den Senegal bis nach Guinea Bissau und im Norden von Ghana, Benin und Togo hat es viel zu wenig geregnet. Anderswo - wie in der Elfenbeinküste, Mali und Niger gab es Überschwemmungen. In Guinea Bissau, Gambia, Senegal and Mauritanien wird die Ernte definitiv schlecht ausfallen. Und für die Zentralafrikanische Republik wurde vom Famine Early Warning Systems Network (FEWS NET) schon eine Hunger-Frühwarnung herausgegeben.

Zum Geld: Um die grassierenden Unterernährung ganzer Landstriche zu stoppen, würden etwa 1,9 Mrd. US-Dollar gebraucht - aktuell rund 1,5 Mrd. Euro. Zum Stichtag 17. Oktober 2014 war der entsprechende Plan des OCHA jedoch erst zu 39 Prozent finanziell ausgestattet - mittlerweile haben die UN-Leute die 50-Prozent-Marke geschafft. Doch auch die Zahlen der Hungernden und Unterernährten steigen praktisch täglich und so muss OCHA die Schätzungen ständig nach oben korrigieren.

Wenn das Geld nicht eingehen sollte, werden die Helfer bald extrem hässliche Entscheidungen fällen müssen: So müssen dann zum Beispiel Rationen für Flüchtlinge gekürzt werden oder die Unterstützung schwangerer und stillender Mütter wird in einigen Ländern eingestellt. Oft leidet auch die "normale" aber ebenso wichtige Entwicklungszusammenarbeit, weil lebensrettende Maßnahmen Priorität haben - auch wenn eine Versorgung mit sauberem Trinkwasser eigentlich ebenso wichtig ist.

Zwar fallen die Nahrungsmittelpreise in der Region derzeit noch und die Getreidepreise im Sahel liegen durchschnittlich fast 12 Prozent unter dem Niveau von August 2013. Doch auf einigen Märkten vor allem im Tschad, in Mali und im Senegal liegen die Preise höher als sonst (so kurz nach der Ernte). Verschärft wird die Situation, weil die  Warenflüsse von Guinea in den Senegal wegen Ebola zum Teil um die Hälfte niedriger liegen als üblicherweise. Auch die Viehzüchter haben aufgrund der späten und unregelmäßigen Regenfälle Einbußen verzeichnet. Die Konflikt in der Zentralafrikanischen Republik und im Norden Nigerias hindern sie zudem daran, ihre üblichen Routen zu nehmen.

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