Freitag, 25. März 2011

Interventionitis

"Odyssey Dawn", der Name für die Operation des Westens in Libyen scheint sich als prophetisch zu erweisen. Jetzt hat der Economist gemerkt, dass es sich dabei in jeder Beziehung um eine Reise in's Unbekannte handelt: "Into the unknown". Dass der Westen das Recht zu diesem Feldzug hat, bezweifeln die alten Bellizisten natürlich in keinem Halbsatz. Auch die - nach Auffassung des MediaWatchBlog bevorstehende - Teilung des Landes wird diskutiert.

"Der Krieg als erstes Mittel", kritisiert die schweizerische WoZ den Einsatz. Spiegel Online verkündet nassforsch das Ende der "Doktrin der Unantastbarkeit souveräner Staaten".


Wenn es schlecht läuft, behalten die nonchalanten KollegInnen aus Hamburg sogar Recht: Jetzt haben die ECOWAS-Staatschefs beschlossen, eine Ausweitung des UN-Mandates für die Elfenbeinküste zu verlangen, um bei Gelegenheit dort einmarschieren zu können (Next, G-News dt.). Dass derlei Einsätze keineswegs einfach zu bewältigen sind, wissen alle, die sich noch an die ECOMOG-Einsätze in Liberia und Sierra Leone (2) erinnern können.

Das alles läuft auf eine ungehemmte Interventionitis hinaus: Die USA und die Nato tun es, wo immer sie es für sinnvoll erachten (Afghanistan, Irak, Jugoslawien, Libyen, Pakistan, und was ist mit Syrien?), das lupenrein demokratische Saudi Arabien tut es (in den Nachbarstaaten Bahrain, Jemen), und Äthiopien tut es in Somalia (zumindest so lange der Westen finanziert). Auf die unrühmliche Rolle des Westens in Ruanda soll hier gar nicht erst näher eingegangen werden. Gar nichts geschah in der DR Kongo, wo die Menschen wie die Fliegen umgekommen sind. (Die Aufzählung erhebt keineswegs den Anspruch auf Vollständigkeit.)

Ginge es wirklich um Menschenrechte, wären der moralische Bankrott schon längst politisch wirksam und derlei Einsätze nach innen nicht mehr zu rechtfertigen. Es ist daher anzunehmen, dass die Hybris (jedem auf's Haupt geben zu dürfen, den man für böse genug erklärt) erst ein Ende hat, wenn der Westen wirklich pleite gehen sollte - und zwar finanziell. Doch dann ist es zu spät, um noch so etwas wie eine wirksame Friedenspolitik zu entwickeln. Dann bleibt nur noch zu fragen:


Why Do They Hate Us?

1 Kommentar:

  1. Elfenbeinküste: Der Westen will Gbagbo weghaben; jetzt eben mit Gewalt. Und Alassane Ouattara zieht das durch. Alle Aufrufe zur Unterlassung von Gewalt von Seiten westlicher PolitikerInnen sind reine Heuchelei: Ouattara war bis mindestens Anfang April in einem Hotel in Abidjan auf die Unterstützung der UN angewiesen. Der Bürgerkrieg hätte also durchaus unterbunden werden können.

    Legal, illegal, scheißegal: In Libyen wollen Teile der Alliierten die Rebellen mit Waffen aufrüsten und ausbilden - trotz offziellem UN-Embargo. Sieht so die Erfüllung der "Schutzverpflichtung" aus, der hier zur Präzendenz verholfen werden soll? Das Global Policy Forum und der Guardian ziehen die Legalität der Aktion in Zweifel, Telepolis beschreibt die politschen Risiken.

    Kein Zufall kann es sein, dass sich die Asia Times Sorgen um das Prinzip der staatlichen Souveränität macht: "Back to Westphalia".

    AntwortenLöschen