Dienstag, 21. April 2009

Dilemma einer Minderheit

"Westen boykottiert UN-Konferenz". So oder so ähnlich formulieren deutsche Blätter derzeit die Weigerung einiger westlicher Länder, sich an der Anti-Rassismus Konferenz in Genf zu beteiligen und sich auf UN-Ebene mit einer Reihe von Entwicklungs- und Schwellenländern auseinanderzusetzen. Diese nutzen die Konferenz als Plattform um all jene Vorwürfe an Israel zu richten, die sonst offenbar ungehört verhallen. Dass dabei erneut anti-semitische - also wiederum rassistische - Töne angeschlagen werden, zeigt, wie gut mit diesem Instrument derzeit offensichtlich Poltik zu machen ist.

Acht Staaten, Australien, Deutschland, Israel, Italien, Neuseeland, die Niederlande, Polen und die USA hatten bereits im Vorfeld abgesagt. Die EU fand in der Sache keine einheitliche Position, denn Frankreich und Grossbritannien sagten zu. Die Vertreter dieser und vieler weiterer EU-Länder verließen demonstrativ den Saal, als der iranische Präsident Mahmoud Ahmadinejad Israel in seiner Eröffnungsrede als das "grausamste und repressivste rassistische Regime" bezeichnete.

Andere werden aus der Boykott und walkout sicher nur die Bemühungen des Westens herauslesen, seine Interessen - zu denen nun einmal ein starker israelischer Staat zählt - mit allen Mitteln zu verteidigen. An diese Auffassung knüpfte auch Ahmadinejad an: "The Iraqi people have suffered enormous losses ... wasn't the military action against Iraq planned by the Zionists ... in the US administration, in complicity with the arms manufacturing companies?" Und viele Delegierte gaben ihm recht. In dem hier zitierten Beitrag von Al Jazeera wird auch darauf verwiesen, dass "many delegates who remained in the hall applauded Ahmadinejad's comments".

Nicht, dass man diese Auffassung teilen müsste. Dennoch wird der Westen durch seine Verweigerung eines Dialogs immer mehr Politikbereiche vor allem innerhalb der UN verlieren, denn hier herrscht Demokratie nach dem Schlüssel 'Ein Land, eine Stimme'. Die Menschenrechtspolitik ist ein weiteres aktuelles Beispiel.


Wenn der Westen innerhalb der UN weiterhin auf den Boykott aller politischen Umtriebe setzt, die ihm nicht genehm sind, werden die Vereinten Nationen als Ebene der Moderation unbrauchbar werden. Damit würde der internationalen Politik ein Instrument von unschätzbarem Wert verloren gehen. Denn anders als die moralische Autorität der meisten westlichen Regierungen ist diejenige der UN in vielen Ländern noch über weite Strecken anerkannt. Doch auch das kann sich ändern. Noch einmal Ahmadinejad: "The UN security council has stabilised this occupation regime [Israel] and supported it in the last 60 years giving them a free hand to continue their crimes."

Hier noch einige moderate Stimmen, die sich wohltuend vom medialen Mainstream abheben: (1), (2), (3), (4). Eine kluge Analyse der Intentionen Ahmadinejads ist allerdings nirgendwo zu finden. Das ist bedauerlich, denn sie böte eine Chance auf die Ent-Dämonisierung des iranischen Präsidenten und darauf, das machtpolitische Kalkül zu konterkarieren, das hinter dem gezielt in Szene gesetzten Eklat steht.

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