Mittwoch, 17. September 2008

Raúl Castro modernisiert den kubanischen Sozialismus

In der aktuellen Ausgabe der LE MONDE diplomatique ist ein guter Artikel darüber zu lesen, welche Veränderungen Raúl Castro Kuba seit dem Abtreten seines älteren Bruders Fidel anstrebt. Denn jenseits der Probleme die Hurrikan Ike verursacht hat, bemüht sich die kubanische Verwaltung um Modernisierung. Doch ist diese mit erheblichen Risiken behaftet. Zwei zentrale Aspekte seien hier hervorgehoben:
Das eine ist die Abschaffung der libreta, der Bezugsscheinkarte für rationierte Lebensmittel, die vor bald 50 Jahren eingeführt wurde. Auch wenn sie vielen (…) als Symptom einer chronischen Mangelwirtschaft erscheint, so galt sie doch ohne Frage als eine Errungenschaften der Revolution: als ein in Naturalien vergebenes “garantiertes Grundeinkommen” (…) Raúl Castro hat bereits angekündigt, dass man sich die flächendeckende Subventionierung von Lebensmitteln für die Gesamtbevölkerung nicht mehr leisten kann. (…)
Grundsätzlich gilt deshalb die Umstellung (…) hin zu gezielterer staatlicher Unterstützung für die bedürftigen Teile der Gesellschaft als beschlossene Sache. Nur sind die sozialen Konsequenzen so weitreichend, dass unklar ist, wann und wie die Umsetzung in Angriff genommen wird. Für Millionen von Kubanern dürfte ein ersatzloser Wegfall der libreta kaum zu verkraften sein.
Das zweite große Projekt betrifft die Zukunft des kubanischen Peso:
Die Löhne, so Raúl, müssten endlich wieder so viel Wert haben, dass die Leute von ihrer Arbeit leben, nicht von dem, was sie nebenher “organisieren”. Die Überwindung des Währungsdualismus werde für “so bald wie möglich” angestrebt. Wann dies sein wird, steht freilich in den Sternen. Die Währungsfrage rührt an die Fundamente der gegenwärtigen Organisation der Wirtschaft, und auch die Planer in Havanna können kaum alle Implikationen eines solchen Schrittes abschätzen. Man wolle, so heißt es derzeit aus offiziellen Kreisen, zuvor ausreichende Devisenreserven aufbauen (…)
In dem Beitrag werden zudem Belege für eine vorsichtige Öffnung zusammengetragen. Doch betont der Autor Bert Hoffmann, dass solche Bemühungen nur ein Anfang sein können. Der Ausgang des Experiments bleibe ungewiss und hänge nicht zuletzt davon ab, ob die künftige US-Regierung ihre Haltung gegenüber Kuba ändere. Denn die ständige Konfrontation mit dem übermächtigen Nachbarn “zementiere mehr” die bestehenden Verhältnisse anstatt zu einem “Wandel von innen und in Würde” beizutragen.

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